Das Radrennen um den „Kings-Cup“ hat eine lange Tradition in Hua-Hin. Jeweilen am Samstag findet ein Strassenrennen und am Sonntag ein Querfeldein-Mountain-Bike-Rennen statt. Vor 3 Jahren bin ich bereits ein paar Mal die Querfeldein-Strecke trainingshalber abgefahren, aber sie war mir zu steil und streckenweise voller Geröll und grosser Steine. Sie war mir zu gefährlich, obwohl ich nur einmal ausrutschte, aber eben vorsichtig fuhr. Dieser Wettbewerb kam deshalb für mich nicht in Frage.
Aber das Strassenrennen hatte ich immer im Hinterkopf. So entschloss ich mich in meinem jugendlichen Uebermut, am diesjährigen Strassenrennen teilzunehmen. Es war für mich eine Premiere. Ich bin ja ein Späteinsteiger. Noch nie hatte ich mit meinen 70 Jahren an einem Rad-Rennen teilgenommen. Und ich sollte es nicht bereuen … oder doch? Nein, nachträglich bin ich stolz, den inneren Schweinehund mehrmals überwunden zu haben. Es blieb mir auch nichts anderes übrig, denn ich musste ja wieder nach Hause kommen.
Die letzten Tage hatte es ununterbrochen in Hua-Hin geregnet, ja oft geschüttet. Niemand rechnete damit, dass am Samstag 1. Dez. 2012 der diesjährige Kings Cup stattfinden könne. Aber bereits am Freitag-Nachmittag änderte sich die Farbe des Himmels von Grau auf Blau, und am frühen Morgen des Renntages begrüsste uns ein tiefes Blau.
Es waren bestimmt mehr als 300 Fahrer am Start, meist junge Thais ausgerüstet mit dem Besten vom Besten an Rennrädern. Aber auch ein paar Aeltere wie meine Freunde. Sie waren 45 und 50 Jahre alt, hätten also meine Söhne sein können. Mein Altersklasse war nicht gross vertreten. Ich habe wenigstens keinen „Grufti“ entdeckt. Es war ein echtes Rennen mit Motorrädern, die die Strasse freihielten und Wasser transportierten. Die Kreuzungen waren abgesperrt und der Verkehr auch auf den grossen Hauptstrassen musste anhalten. Sogar Krankenwagen vom grossen San Paulo Hospital waren auf der Strecke und mussten auch Erste Hilfe leisten. Ich hatte Startnummer R3-26.
Um es vorweg zu nehmen. Es war eines meiner härtesten Rennen resp. Ausfahrten. Bereits beim Start ging es gegen 10% aufwärts, was ich aber nach meinem Vietnam-Training (Vietnam-Rundfahrt vom Süden in den Norden über 1’800 km) gut und erstaunlich problemlos verkraftete. Noch letztes Jahr bereitete mir dieser Aufstieg ungemein Mühe. Die jungen Thais rasten bereits hier an uns vorbei, wie der Teufel.
Dann aber machte ich mit meinen beiden Freunden, wir starteten als Farang-Team (Team der Ausländer), einen grossen Fehler. Wir rasten auf der Ebene mit zu hoher Geschwindigkeit von 35-37 km/h und ich alter Trottel hinten nach. Ich konnte die beiden nicht bremsen und versteckte mich immer länger an einem der Hinterräder. Nach 40 km war ich fast platt und liess mich zurückfallen, um mein eigenes Tempo zu fahren.
Am Wendepunkt bei 50 km machten wir einen kurzen „Tank-Stop“, tranken ein Cola und assen etwas. Auf dem Rückweg ging es dann besser. Ich wusste ja, dass ich den Anfang langsam angehen sollte, denn meine Stärke kommt nach 30-40 km. So auch heute. Ich konnte wieder führen und Tempo machen. Wir überholten wieder einen nach dem anderen, die für ihre anfängliche Parforce-Leistung büssen mussten.
„Noch 10 km bis zum Ziel“ stand am Wegrand, was wieder neue Kräfte freimachte. Ich wurde bereits wieder etwas übermütig und überlegte mir, wie ich meine beiden Begleiter abhängen konnte! Dann die Tafel „Noch 5km…“ und dann sogar „Noch 1 km…“ ….aber nach meinem Hochmut kam der Fall und der Hammer.
„Die wollten doch nicht etwa uns hier hinauf fahren lassen,“ schoss es mir durch den Kopf. Vor mir eine Mauer aus Beton. Ich hatte davon schon gehört: der berüchtigte Aufstieg zum „Kao Hin Lek Fai“, einem Aussichtspunkt hoch über Hua-Hin. Bereits ein Honda-Roller mit 2 Passagieren hat hier Mühe. Und diesen Stutz sollte ich hochfahren? Nach den ersten 50 m bin ich fast vom Rad gefallen. Ich hatte zu wenig Kraft in den Beinen (und im Kopf). Ich stieg ab, auch andere Fahrer taten es mir gleich. Nur die besten konnten auf dem Rad bleiben. „18-20%“ Steigung habe ich auf meinem GPS gelesen. Meter um Meter kämpfte ich mich den Berg hoch, ja zu Fuss, aber auch so war der Berg steil. Zusätzlich plagten mich ab 500 m vor dem Ziel Krämpfe im rechten Oberschenkel. Ich humpelte hoch wie ein Verletzter. In der Tat, es ist fast zum Lachen, zog ich mir dabei am rechten Unterschenkel eine Zerrung zu! Unterwegs gab es Wasser, das schüttete ich mir über den Kopf und Körper, und kühlte meinen Oberschenkel. Ich musste den Körper abkühlen, denn die Hitze brannte unerbittlich und kein Fahrtwind kühlte.
Oben auf dem Gipfel, es waren noch etwa 50 Meter, wurde es flach. Ich stieg nochmals aufs Rad und fuhr über die Ziellinie, wo mich meine Freunde erwarteten. Ich war total kaputt und fiel fast vom Rad. Ich war stolz auf mich! Ein tolles Gefühl! (wie der Cancellara an den olympischen Spielen!). Ich war aber nicht der letzte. Nach mir kamen noch viele. Die meisten zu Fuss. Ich schätze, dass ich etwa in der Hälfte des Teilnehmer-Feldes klassiert war.
Für die 100 km brauchte ich um die 3 Stunden und 30 Minuten, was einem Schnitt von um die 26 km/h entsprach. Gar nicht schlecht für mich alten Sack.
Am Abend beim gemütlichen Essen mit meinen 2 Partnern habe ich meine aktive Karriere als Rennfahrer beendet und an den berühmten Nagel gehängt. Ich werde nur noch zu meinem Vergnügen fahren.
1 Kommentar
Danke,
ich bin verwundert, dass nach 2010 und 2011 doch wieder am Anfang über den Berg gestartet wird, was mir ja Spass macht, da ich früh abhauen kann.
Aber sonst treffender Bericht zu dem Radrennen und Teilnehmern. Ich will dieses Jahr 2013 mal wieder dort hin und teil nehmen.
Gruß aus Nordthailand
Thomas
http://www.wiegand-thomas.de/