Offener Brief an die Verleger und Herausgeber von Zeitungen, Zeitschriften und Magazine

Informationen sind mein Leben!

Ich bin ein Weltenbummler und kann mich nur via Internet über die politischen, sportlichen und regionalen Aktualitäten informieren. Im Internet finde ich Online Ausgaben von Tageszeitungen und Zugriffe auf deutsprachige Fersehsender wie z.B. ARD, RTL, ZDF, SRF, NTV, N24 etc

24. Nov. 2017 BaZ ePortal

Leider haben manche Schweizer Tageszeitungen den zeitweiligen Zugriff auf Ihre Online-Ausgaben, das sind reduzierte Ausgaben des Print-Mediums, nur noch gegen Bezahlung eines Abo-Betrages erlaubt. Einige Wochen kostet das Portal etwas, dann ist wieder längere Zeit Ruhe. Es scheint, dass sich dabei die Verlage untereinander absprechen. Ob diese Absprache rechtlich sauber ist? Für mich ist dies in jedem Fall ein grosses Aergernis. Protest baut sich in mir auf. Niemals würde ich Beträge um 20-30 SFr für jedes einzelne dieser reduzierten Angebote bezahlen. Ich bin kein Millionär! Ich sah mich erfolgreich nach Alternativen um.

Trotz meines Aergers habe ich Verständnis für die Verleger. Ihre Produkte werden immer unrentabler. Ich habe jedoch kein Verständnis für deren hilflosen Schnellschüsse. Mit Preiserhöhungen, Zusammenlegen von Redaktionen, Fusionen etc  kann man ein Produkt, das nicht mehr State-of-the Art ist, nicht am Leben erhalten. Ich mag nicht tatenlos zuschauen, wie die Schweizer Presse unaufhaltsam zu Grunde geht.

Aus diesem Grund habe ich am 24. November 2017 den nachfolgenden „Offenen Brief“ an die Verantwortlichen der grössten Schweizer Verlage per Mail geschickt. Ich bin über etwaige Reaktionen gespannt und werde darüber berichten


Sind Ihre Kosten-Entscheide strategisch klug oder einfach ein Schnellschuss?

Sehr geehrte Damen und Herren Verlags-Direktoren, Herausgeber und Eigentümer von Presse-Organen.

Ich kenne Ihre grossen Probleme mit den laufend sinkenden Auflagen. Ich weiss auch, dass die Inserate-Einnahmen sinken, weil viele Ihrer bisherigen Inserenten zu anderen Medien, zum Teil digitalen Medien,  abgesprungen sind. Seit Jahren wird das Zeitungsgeschäft immer unrentabler.. Ich verstehe, dass Sie Massnahmen ergreifen müssen, um Ihr Geschäft zu retten. Ueber Ihrer Branche kreist der Pleitegeier.

Was ich nicht verstehe, ist Ihre eigene Hilflosigkeit. Die Presse, die sich anmasst Politiker, Parteien, Firmenchefs aller Fachrichtungen, sogar Professoren und Universitäten zu kritisieren und Ratschläge zu erteilen, zeigt sich in der eigenen Kernkompetenz hilflos und manöveriert steuerlos ohne mittelfristige Konzepte.

  • Sie erhöhen die Einzel- und Abo-Preise, die doch bereits im jetzigen Ausmass ein gehöriges Loch im Haushalts-Budget verursachen..
  • Sie fusionieren, übernehmen oder legen Redaktionen zusammmen. Sie sparen Geld auf Kosten eines journalistischen Einheitsbrei und reduzieren die Meinungsvielfalt. Ich brauche nicht mehr die BaZ und den Tagesanzeiger zu kaufen, denn in beiden lese ich dasselbe!
  • Sie versuchen sich mit Online-Ausgaben, um auf die neuen digitalen Technologien der Smartphones, Tablets und Notebooks aufzuspringen. Die Online-Portale decken einen Bruchteil der Print-Ausgabe ab. Sie sind kurz und knapp gefasst,  und oft in holprigem Stil, als ob man mit möglichst wenigen Leuten, viel Leser ansprechen wollte. Neuerdings haben Sie nun entdeckt, dass Sie auch für diese magere Kost Geld verlangen könnten.
  • Jede Zeitung, die etwas auf sich hält, bietet nun eine Print-Ausgabe, eine e-Ausgabe und ein OnLine-Portal an und verlangt für jedes Angebot eine Abo-Gebühr.

Keine der obigen Massnahmen wird mittelfristig etwas positives bewirken. Es sind Schnellschüsse mit negativer Wirkung.  Ich erlebe dies am eigenen Leibe. Ich bin ein Weltenbummler und wohne 5 Monate im Fernen Osten sprich Thailand, 4 Monate im Süden Europas und die restlichen 3 Monate in der Schweiz. Keines der obigen Angebote kann mich erwärmen, umsomehr ich ein Viel-Leser und Viel-Seher bin. Ich lese und schaue mir täglich mehrere News-Portale an wie Spiegel, Focus, die Welt und die Zeit,  auch die Schweizer-Ausgaben des Blick, BaZ, Basellandschaftliche, NZZ, Tagesanzeiger aber auch die Internet-Video-Portale NTV, N24, SRF, ZDF und ARD. Manche der  Schweizer Online-Presse-Erzeugnisse sperren nach einigen Lese-Tagen ihre Online-Angebote und verlangen Abo-Preise, auch wenn sie einander abschreiben.

Spannend, teuer und nicht allzu seriös macht es die NZZ. „Sie haben Ihre Frei-Beiträge gelesen“ und fügen statt des angeklickten Beitrages das Abo-Bestell-Fomular bei.  Unter fünf unterschiedlichen Angeboten kann ich wählen. Die Unterschiede sind nicht leicht zu eruieren. Fr. 55.–/Monat kostet das Digitale Abo. Es steht nirgends geschrieben, ob damit das OnLine-Portal gemeint ist oder die digitale Ausgabe der NZZ. Ueberhaupt scheint mir die NZZ schlaumeierisch vorzugehen, denn zwischendurch wird auch ein Monats-Angebot von Fr. 25.– angeboten. Auch dieses Angebot ist unklar. Ich vermute damit würde ich mir nur ein Probe-Abo für einen Monat erstehen. Aber bereits 3 Stunden später erhielt ich mit Fr. 9.90 ein neues Abo-Angebot. Ob sich die NZZ damit Freunde macht? Ich traue diesen Angeboten nicht mehr. Ich fühle mich wie auf einem arabischen Bazar. (Situation erlebt in Thailand am 19.11.2017 zwischen 16 und 21 Uhr)

Der Fainess-halber muss ich aber zugestehen, dass die anderen grossen Verlage nicht besser sind. Sie lösen sich ab in der Preisgestaltung und neuerdings auch mit gemeinsamen Beiträgen!

Im Internet finde ich genügend Alternativen. Ich bin nicht auf die kostenpflichtigen Angebote angewiesen und zwingen lasse ich mich keinesfalls.  Ich bin auch kein Millionär. Und dennoch wäre ich bereit, für eine Leistung angemessen zu bezahlen.

Blick in die Zukunft

Ich glaube und bin fest überzeugt, die Zukunft des Informations- und News-Business sind die digitalen Medien. Ihre papiernen Angebote inkl. der Bücher werden mittelfristig nicht mehr rentabel sein. Der ganze Werdegang samt Druck und Verteilung einer Zeitung ist veraltet und nicht mehr State-of-the-Art. Die vielen privaten und unkommerziellen Informations-Blogs machen es vor. Deshalb kann ich auch nicht nachvollziehen, dass eine digitale Ausgabe ungefähr gleichviel kostet, wie eine Print-Ausgabe, die mir sogar nach Hause geliefert wird!

Ich will in meinen Ferien im Ausland meine Lieblingsblätter nicht 12 Stunden später und erst noch zu erhöhtem Preis lesen können. Die jetzige Aktualität der papierenen Presse von 24 Stunden genügt nicht mehr.

Der zukünftige Leser wird sich sein Informationsbedürfnis im Internet Querbeet zusammensuchen und abonnieren. Dazu stehen ihm bereits heute hilfreiche Werkzeuge zur Verfügung, die ihn dabei unterstützen.

Meine Aufforderung zur Tat

Nehmen Sie sich die Musikbranche als Bespiel! Nachdem die Musikbranche bis vor 10 oder 15 Jahren ihre grossen Probleme mit sinkenden Einnahmen hatte, weil die meisten Hörer sich gratis im Internet oder vom Radio Kopien von Songs herunterluden, wurden sie aktiv und erfinderisch. Sie schufen eigenständige und übergreifende Musik-Angebote mit Millionen von Hits, ab denen jedermann  gegen eine monatliche Flat Rate Musik hören kann. Heute boomen deren Geschäfte. Die Musik-Verlage und Künstler sind zufrieden und die Kunden hören über Smartphones ihre Lieblings-Musik.

Ich fordere die internationalen Verlagshäuser auf, ihre Zeitungen, Magazine und Presse-Erzeugnisse ebenfalls in solchen NEWS-SHOPs zu Flat-Rate-Preisen zur Verfügung zu stellen. Stellen Sie ein Internationales Angebot zusammen und bieten sie es zu einem moderaten Preis an.  Ich werde einer ersten sein, der zugreifen wird!

Ihre Preisgestaltung wird entscheiden, wie erfolgreich sie sein werden. Setzen Sie keine Buchhalter zur Kalkulation ein, sondern weitsichtige Finanz-Controller und Marketing-Manager. Auch die Musikbranche musste zuerst lernen, dass viele kleine Beträge grosse Einnahmen generieren können. Ein grosszügiges Angebot an europäischen Presse-Erzeugnissen zu einem angemessener Monats-Preis von um die Fr. 20.– bis 30.– wird einschlagen und unzählige neue Leser sprich Abonnenten generieren. Warten Sie nicht ab, bis Amazon Ihnen auch dieses Geschäft streitig machen wird.

Ich bin nun gespannt, ob Sie auf diesen offenen Brief reagieren oder alles beim Alten lassen werden, um unaufhaltsam zu Grunde zu gehen.

Mit besten Grüssen

Max Lehmann


Geht an:

  • Verband Schweizer Medien: contact@schweizermedien.ch
  • Tamedia AG: kommunikation@tamedia.ch
  • Ringier AG: Marc Walder <info@ringier.ch>
  • NZZ Gruppe: unternehmensleitung@nzz.ch
  • SOMEDIA: redaktion@somedia.ch (ungültige Mail-Adresse), promotion@somedia.ch
  • Basler Zeitung: verlag@baz.ch, markus.sohm@baz.ch (ungültige Mail-Adresse), info@blocher.ch

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