Impressionen aus der Stadt Basel: die armen Männer zu Hause – bin ich doch ein glücklicher Mensch

Ich gehe gerne in die Stadt. Es gibt immer etwas zu sehen, manchmal auch zu kaufen, dann wird es meist teuer. Heute war ich in der Stadt, um Tram Billets zu kaufen und  mich bei der Swisscom wegen eines falschen Rechnungsbetrags zu beschweren.

Nur eine Zigi !

Rauchen ist eine SuchtSo stand ich nach getaner Arbeit an der Tramhaltestelle Heuwaage. Es war 12 Uhr, Mittagspause in den Büros. Die Manager in den grauen und dunkelblauen Anzügen hetzten zum Business-Lunch. Aus dem Hause der Sprachschule Orsini strömten jüngere  oder ältere Mädchen, je nach Gesichtspunkt und Beuteschema, aus dem Hause. Sie kicherten noch, also waren sie nicht so alt. Eine nach der anderen zündete sich eine „Zigi“ (=Zigarette) an. Sie kicherten weiter und nahmen immer wieder einen Zug, pafften den Rauch aber unverzüglich durch die zusammengekniffenen Lippen. Inhaliert hat keine, das ist mir aufgefallen. Vielleicht wollten sie nicht husten oder waren noch nicht so geübt. Es sah aber unbeholfen aus. Da habe ich früher ganz anders gequalmt, bis in den hintersten Eck meiner Lunge.

Ein paar Hauseingänge weiter stand eine jüngere Dame, ebenfalls Zigaretten rauchend. Nervös nestelte sie an ihren braunen Haaren und ordnete sie neu. Sie schien auf jemanden zu warten. Etwas ungeduldig warf sie den Rest der Zigarette auf die Strasse und löschte sie mit ihren Sandalen aus. Dann öffnete sie ihre übergrosse Tasche, die über ihre Schultern hing und entnahm ihr einen iPad und ein Kabel mit 2 Kopfhörern, die sie in ihre Ohren-Muscheln steckte. Ueber den Bildschirm wählte sie etwas aus. Ich vermute Musik. Dann kam der Lippenstift aus ihrer Tasche, um ihre Lippen nachzuziehen. Sie schaute hin und her. Mich hat sie noch nicht gesehen. Also nochmals eine Zigarette anzünden, vielleicht beruhigen Sie?

Derweil kam vor mir eine Mutter mit Kinderwagen in schwarzen Leggins und engem grasgrünen „Hautersatz“. So nenne ich diese Art Kleid, weil es so eng ist. Es deckte alle ihre Unebenheiten ab, auch die überquellenden Hüften, aber sie stand wie nackt vor mir. „Ob sie wohl bereits Zellulitis hat?“ fragte ich mich in meiner Langeweile, aber da war sie schon ein paar Meter weiter.

Nun ist auch mein 10er-Tram nach Binningen eingetroffen. Ich fand einen Sitzplatz, direkt hinter zwei Blondinen. Ich erschrack jedoch, als die beiden ihren Kopf drehten, um miteinander zu sprechen. Diese Blondinen waren bereits nicht mehr nach meinem Geschmack. „Überreif“ sagt man dem. Auch ihr Gesprächsthema wärmte mich nicht an. Unzufrieden mit ihren Männern, die nur Fussball schauten, dann die komische Nachbarin, die einen neuen jungen Freund haben soll, aber das schrecklichste sei die Politik. die kaufen doch neue Militär-Flugzeuge, wo wir doch das Geld so bitter nötig hätten.

Glücklicherweise konnte ich nun aussteigen. Die armen Männer zu Hause. Bin ich doch ein glücklicher Mensch.

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1 Kommentar

  1. … Max, so ist das Leben, gell :))) – wir haben wirklich Glück :)))

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