Jahresrückblick 1996 |
Binningen, 31. Dez. 1996 |
![]() Max mit Pokal auf Solaris (1996) |
Es ist nicht so einfach, einen Jahresbericht über eine Periode zu schreiben, die man am liebsten verdrängen oder schnell vergessen möchte, weil man sich nicht nochmals damit auseinander setzen will.
Ausser im Beruflichen ging eigentlich alles schief, was schief laufen konnte:
Kurz vor den Ferien musste ich 2mal notfallmässig zum Zahnarzt: Plomben flogen raus und ein halber Zahn musste extrahiert werden, da sich eine sog. Tasche zwischen den Wurzeln bildete. Und Ende Jahr machte sich nochmals eine altehrwürdige Plombe selbständig.
Auf der Fahrt in die Sommer-Ferien explodierte bei Desenzano in der Nähe von Verona das Getriebe meines Autos und während das Auto abgeschleppt wurde, wurde mein Wohnwagen vollständig ausgeraubt!
Die tiefe und innige Freundschaft mit Silvia ging in Brüche. Im Herbst 1996 zog Silvia mit Julian, Tobias und Jolanda in eine eigene Wohnung.
Ohne mein Tagebuch würde ich an dieser Stelle meinen diesjährigen Rückblick abschliessen, aber ich fand dennoch einige nette und für mich unvergessliche Erlebnisse:
Sämi ist eine Katze, genauer der 6-jährige schwarz-weisse Kater von Silvia. Er blieb bei mir, weil er sich hier im Freien wohl fühlt und via meinen japanischen Kirschenbaum und den Balkon im 1.Stock ein- und ausgehen kann. In der Zwischenzeit habe ich mich blendend an ihn gewöhnt. Er lässt sich sogar schon von mir herumtragen. Er hat auch einen festen Platz in meinem Bett, auf der rechten Seite von mir. Dort liegt er nun, der Länge nach ausgestreckt. Der Sämi ist mein erstes grosse Haustier. Er hat mir auch schon ein Geschenk gebracht und es vors Schlafzimmer gelegt: einen selbstgefangenen Vogel.
Katja und ihr Freund Reto hatten kürzlich ihr 5-jähriges Jubiläum und sind am 1. November in einer geschmackvoll eingerichteten 3-Zimmer-Wohnung in Aesch zusammengezogen. Katja ist nun bereits im 2. von drei Lehrjahren ihrer Zweit-Ausbildung zur Kinderkrankenschwester.
Daniela steht kurz vor Abschluss ihrer Koch-Lehre. Nach einem moralischen Tief im vergangenen Sommer hat Daniela zum rechten Zeitpunkt wieder den Knopf aufgemacht und plant bereits ihre zukünftigen Saisonstellen. St.Moritz im Winter steht zuoberst auf ihrer Hitliste.
Der Silvester 1995 sollte meine letzte Silvester-Party sein, so war es abgemacht und so habe ich es auch eingehalten (wenigstens 1 Jahr!). 11 mal in 13 Jahren (nur zwei Absagen in den Jahren meiner Scheidung) haben sich bei mir Freunde, Bekannte und Unbekannte getroffen. Jeder Gast hat etwas mitgebracht und zum guten Gelingen beigetragen. Es war die von mir geliebte, ungezwungene Art, Kontakte zu pflegen.
The same procedure than every year: Geburtstags-Feier auf der Kunsteisbahn95 Lachs-Brötli und 6 Fl. Cremant (Schaumwein) haben meine 11 Gäste bei bestem (=kaltem) Wetter auf glattem Eis verschlungen. Nie vergessen werde ich die beiden verrückten, brünetten, aufreizend gekleideten Weiber, die ich erst nach einigen schüchternen Annäherungsversuchen als Silvia und ihre Freundin Doris identifizieren konnte.
Ihr kennt die Story wahrscheinlich aus der Zeitung: Am 7. März wurde die Fusion der beiden Basler Chemiefirmen SANDOZ (=mein Arbeitgeber) und CIBA zu NOVARTIS bekanntgegeben. Wir Mitarbeiter erfuhren dies wie die Presse durch ein Flugblatt am Firmen-Eingang! Es war eine Sensation und Schock zugleich! Einige waren stolz ab des Ueberraschungs-Coups, andere beunruhigt. Ich spürte von allem etwas, fing mich aber nach wenigen Stunden auf und blickte interessiert in die noch ungewisse Zukunft.
Schon kurze Zeit darauf wurde ich in zwei Migrations-Teams berufen. Das eine Team sollte weltweit gültige Regeln für die Validierung von Informatik-Applikationen aufstellen und das andere die Transparenz der globalen Informatik-Kosten sicherstellen. Schon bald stellte ich fest, dass ich die einmalige Chance bekam, mit (relativ) wenig Aufwand, viel zu verändern, indem man das bessere aus beiden Organisationen übernahm.
Im Rahmen dieser Aufgaben war ich 3x in den Staaten im Raume New York (Summit und East Hanover) vom 16. - 19. Juni, vom 3. - 9. Aug. und zuletzt vom 28. Okt. - 6. Nov. 1996. Ich war ja nicht das erste Mal in diesem Gebiet, aber zum ersten Mal fuhr ich 1 Std. mit der Eisenbahn in die City von New York (und zurück). Es war schon ein besonderes Gefühl und Erlebnis, denn die Eisenbahn zeigte Einblicke in weniger bekannte Gefilde und Industrieviertel der amerikanischen Lebensqualität.
Auf kulinarischem Gebiet genoss ich das erste Mal in meinem Leben Lobster oder Hummer. Es ist schon etwas spezielles. Hmmmmmm......
Endlich am 17. Dez. wurde von der amerikanischen Kartellbehörde FTC der Fusion Ciba und Sandoz zu NOVARTIS zugestimmt. Die Firmenschilder wurden noch am selben Tag ausgewechselt. Endlich konnte ich mich nun meiner neuen Aufgabe als weltweiter Informatik-Controller widmen. Ich hatte Glück gehabt!
Nur vorweg: Geplant hatte ich 4 Wochen erholsamer Ferien im sonnigen Istrien auf Solaris. Nach 1 Woche war ich wieder in meinem Büro an der Arbeit!
Wie wurde ich doch von meinen Kolllegen benieden: 4 Wochen Ferien und dies als Mitglied zweier Migrationsteams! "Ja, man muss sich eben organisieren!" sagte ich mir.
Ausgerüstet mit Handy (=mobiles Telefon), Notebook (=tragbarer PC) und der notwendigen Software sowie meinem Wohnwagen machte ich mich am Sonntag, 30.Juni um 14 Uhr auf den Weg in Richtung Süden. Ich war gut ausgerüstet. Dank des Handys und des Notebooks konnte ich mich von überall her in Europa auf die Computersysteme meines Auftraggebers aufschalten, Mails empfangen und beantworten, sowie Dokumente bearbeiten. Ich blieb somit am Ball des Geschehens.....
Ich rollte und rollte auf der Autobahn. War schon weit über Milano. Keine besonderen Vorkommnisse. Abends um 19:35 Uhr bei Desenzano roch es zwar eigenartig nach Oel, so wie es oft in Italien nach Oel und verbrannten Reifen stinkt. Keine Grund zur Beunruhigung, dachte ich mir! Dann ein Blick in den Rückspiegel ..... Ich kam mir vor wie der Michael Schumacher in seinem roten Ferrari ..... nicht wegen der Farbe meines Autos oder der Pferdestärken, sondern wegen der Rauchwolken, die meinen Wohnwagen einnebelten. Ich hielt erschreckt auf dem Pannenstreifen an, und sah bald mit geübtem Blick unter dem Auto die Bescherung: Oel tropfte aus dem Automatik-Getriebe!
Nach etwa 1 Stunde war der Abschleppwagen vom Automobilclub Italien zur Stelle, hievte mein Auto auf die Ladefläche und fuhr mit mir zur eigenen Privat-Garage. Den Wohnwagen liessen sie trotz meines Protestes auf der Autobahn stehen. War das wohl Absicht? Alle meine Alarm-Glocken schrillten! Ich nahm vorsorglich die wichtigsten Utensilien wie Handy, Notebook, Fototasche, alle Wertsachen, Pijama, Toilettenartikel mit mir.
Kommentar vom Okt. 2016: Heute bin ich überzeugt: Der Mann vom "Automobil Club Italia" war ein Gangster und stand mit denen, die meinen Wohnwagen ausraubten unter einer Decke. Denn sonst hätte er den Wohnwagen unverzüglich von der Autobahn weggezogen und nicht erst am nächsten Morgen.
In Desenzano war ich froh um mein Handy (und den Auto-Schutzbrief), denn meine 10 Worte italienisch reichten nie aus zu einer Verständigung. Von der Garage aus konnte ich mit dem Touring Club in der Schweiz Verbindung aufnehmen, die mich tatkräftig von Genf aus unterstützten und mit dem Garagisten verhandelten. Und zum Schluss als klar war, dass eine Reparatur in Italien nicht zu empfehlen war, organisierten sie mir den Rücktransport von Auto und Wohnwagen, und informierten mich darüber, dass ich als Besitzer eines Schutzbriefes das Recht hätte, einen Mietwagen zu nehmen und noch ein paar Tage in die Ferien zu gehen, um mich von den vergangenen Strapazen zu erholen.
Aber dann kam ja noch der Hammer: Am späteren Montag-Vormittag wurde auch mein Wohnwagen von der Autobahn geholt: Er war vollständig ausgeraubt! Alle meine Sommer- und Sportskleider, Wäsche, Lebensmittel, Radio etc. Einzig meine speziellen Jogging-Laufschuhe und das Rennrad, das ich mit Gummiseilen auf dem hinteren Doppelbett festmachte, haben sie nicht mitgenommen.
Die paar übriggebliebenen Effekten packt ich in den Mietwagen und machte mich auf den Weg nach Istrien, unterwegs mich neu mit Kleidern und Schuhen auch fürs Tennis eindeckend.
Am Dienstag-Nachmittag, 2. Juli traf ich dann auf Solaris ein. Ich sehe heute noch die entgeisterten aber auch erleichterten Blicke meiner Freunde vor mir, als ich mit dem fremden roten Renault Megane mit italienischen Kontrollschildern vorfuhr. Ich nahm mir ein Hotel-Appartement und blieb bis Ende Woche bei viel Essen, Plaudern, Lachen und dem obligaten Tennis-Turnier, an dem ich meinen langjährigen Angstgegner und Vorbild Lucio ganz unverhofft 7:3 geschlagen habe.
Es ist schon eigenartig. Immer wenn es mir schlecht geht: auf Solaris finde ich meine Ruhe wieder!
Und die Erfahrung aus der Geschichte: Ein Handy ist für den täglichen Gebrauch oft Luxus, aber im Ausland kann es zur Nabelschnur werden. Ein Schutzbrief (auch für den Wohnwagen) ist Gold wert: Fr.5’357.-- waren die Kosten des Touring-Clubs fürs Abschleppen, Rücktransport und den Mietwagen.
Um Auszuspannen habe ich mich nach dem letzten Meeting in US kurzfristig entschlossen, ein paar Tage in Florida anzuhängen. Ich begann und beendete meine Rundreise per Mietwagen in St.Petersburg einem Vorort von Tampa an der West-Küste Floridas, wo ich neben dem grossen Busch-Tierpark und - Rummelplatz auch das weltberühmte Dali-Museum besuchte. Ich muss gestehen, Dali hat mich beeindruckt. Dali war kein Scharlatan. Er war ein feinfühliger Künstler und gleichzeitig ein brillianter Geschäftsmann. Getrübt wurde der Aufenthalt in St.Petersburg durch mehrtätige Unruhen und Gewalttaten mit mehreren Toten und über 100 grösseren Bränden an Häusern und Einkaufszentren.
Ich kam an in Florida bei 27°C ohne Sommerkleider und dann habe ich in den Outlet-Centers (=Fabrikläden) zugeschlagen und hemmungslos zu sehr günstigen Bedingungen Designer-Kleidung und Spitzenschuhe eingekauft. Meine vorher halbleeren Koffer waren bald an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt.
Dann fuhr ich nach Orlando, wo ich vom Magic Kingdom, dem Mickey-Mouse-Park, arg enttäuscht war. Ja sogar abgestossen hat mich die Aufdringlichkeit der vorgespielten, idealen, strahlenden, liebevollen, rosaroten Welt um die Mickey-Mouse. Ich habe nichts gegen Märchen, aber wenn einem lebende Menschen wie die Walt Disney Angestellten auf Schritt und Tritt dies vorspielen/-gaukeln und -lächeln und -lächeln und -lächeln, dann habe ich Mühe: "Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag! Gefällt es Ihnen hier? Es is schön, dass Sie hier sind! Wir sind immer für Sie da!......" Kann man so sein ohne Hirnwäsche?
Packend war der Besuch der weitläufigen Walt-Disney-MGM-Studios, wo nicht nur die einzigartigen Zeichen-Trickfilme fabriziert werden, sondern auch Spielfilme. Interessant waren die Stunt-Szenen um Indiana Jones und die Bus-Fahrt durch die künstliche Schlucht mit dem explodierenden Benzin-Tankwagen. Man fühlte sogar die Hitze des Feuers! Und schlussendlich der überraschende Dammbruch mit den Unmengen Wassers, die über unsere Busse schwappten. Die vordersten Besucher wurden echt nass.
Abgeschlossen habe ich meine Reise im Kennedy-Space-Center (Cape Canaveral) an der Ost-Küste, wo am selben Tag die Columbia Raumfähre zu ihrer Shuttle-Mission hätte starten sollen. Unvergesslich bleiben mir die gewaltigen Dimensionen dieser Raumfahrtwelt: z.B. die Halle für die Montage von Rakete, Treibstofftanks und Raumfähre mit einer Höhe vergleichbar dem Kölner-Dom. Oder die etwa 100-200 m breiten Transportwege für die abflugbereiten Raketen/Raumfähren. Aber auch freilebende Alligatoren, nur etwa 5-1o Meter entfernt, haben mich beeindruckt.
Bedeutungsvoll für mein Ego war der Umbau meines Schlafzimmers. Ein dunkelblauer Veloursteppich, vanille-farbene Möbel mit runden Fronten und blau/gelbe Satin Bettwäsche ergaben ein ganz neues Schlafgefühl. Seit 23. Dezember geniesse ich dieses Feeling und fühle mich wie neugeboren.
Es war ein schlechtes Sportsjahr. Ich war trotz der fehlenden Trainings in Istrien körperlich äusserst fit und habe trainingshalber 3 Halbmarathons mühelos gelaufen, aber 3 Tage vor der ersten grossen Heraus- forderung, dem Halbmarathon um den Greifensee, beendete eine Zerrung die 96er Saison.
Am 4. Jan. verstarb Werner Gürtler ein Onkel von mir, 62 jährig
Jan. 1996: Endlich legalisierten Freddy und Inge aus Graz ihr "unmoralisches" Zusammenleben und heirateten. Bravo und alles Gute!!!
15. Jan.: Fasnachtsveranstaltung Ladärnli im Gundeldinger-Casino
22. Jan.: so spät habe ich den Jahresbericht noch nie verschickt.
27. Jan.: Fasnachtsveranstaltung der Guggemuusig Gasse-Jätter im Rest. Rhypark
Wiederum gab es 2 resp 3 50jährige zu befeieren: Am 3. März Bernhard Bäumer und etwas verspätet am 28./29. Sept. feierten meine Schwester Christina und Ihr Mann Arnold ihr 100 Jähriges.
29. Aug.: Annegotti Stoll verstarb 101 jährig in Buggingen (...ist eine Ururur...Tante zu mir)
27. Nov.: Erster Schnee in Basel und Beginn einer langen Kälteperiode.
14. Dez.: 70. Geb.-Tag von Erna Rutschmann in Dübendorf. Treffe dort Nelly, Fritz und Jürg, die ich als 16-jähriger letztmals in den Ferien in Macagno am Lago Maggiore sah. Wie sind die drei gewachsen!
16. Dez.: Philip Graf besteht die Matura. Bravo!!!
17. Dez.: Samuel Andreas Gerber wird geboren. Es sei ein schönes Kind mit immensem Schalk hat mir Monica, seine stolze Gotte (=Patin) versichert. Nochmals Bravo!!!!!
Ich wünsche Euch allen alles Gute. Vielleicht auch nach dem Motto "Do it new" oder abgewandelt: "Tut etwas Neues". Und wer mutig ist, kann mich auch treffen unter der Telefon-Nummer ......
Mit vielen lieben und herzlichen Grüssen
Max
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