Opernbesuch für Anfänger
(Teil meiner Autobiografie "Ich habe gelebt !" Letzte Aenderung: Version 1.0 vom 2. Okt. 2016)

Brautpaar Fritz und Anette Gerber (1992)
(Klick aufs Bild für volle Grösse)

Wie überlebt man einen Opern-Besuch?

Diese Tips und Tricks habe ich als Vorbereitung zum ersten Opernbesuch von Fritz und Anette Gerber, geheiratet am 26. August 1992, zusammengetragen und sie samt 2 Opern-Eintritte im Namen seiner Freunde Monica, Milena, Bogdan und mir am Waldfest vom 28. August in der Waldhütte Sulzchopf in Muttenz übergeben.

Gehör-Training mit CD

Zur konsequenten Vorbereitung eines Opern-Besuches gehört ein geistiges, physisches und psychisches Training.

Eine CD mit berühmten Ouvertüren eignet sich vorzüglich für das regelmässige Gehör-Training :

  1. Diese CD sollte man sich solange anhören, bis man die Geigen von den Bläsern unterscheiden kann.

  2. ln einem weiteren Schritt sollte man sich sein Stereo-Gehör verfeinern und versuchen herauszuhören, wo die einzelnen lnstrumenten-Gruppen sich befinden.

Psychisches und physisches Training mit CD:

Die Physis und Psyche muss stimmen. Waldläufe nützen nichts. Yoga ist besser, denn eine geistige Transparenz für die Aufnahme der Schallwellen und Okzedantien ist Voraussetzung für einen hemmungslosen Genuss.

Man höre sich die Duett-CD an, setze sich im Schneidersitz, die Beine überkreuzt, auf den möglichst harten Boden (zur Zurückbildung der Gesässnerven), strecke die beiden Arme waagrecht nach vorne, die Handflächen noch oben und verharre in dieser Stellung, bis die 60 Minuten um sind.

Dusch-Gel:

Ein Opernbesuch ist harte Arbeit. Ohne entsprechende Körperpllege ist ein Durchhalten unmöglich.

Als Prophylaxe gegen Ausdünstungen hat sich das Dusch-Gel gut bewährt. Zusammen mit dem Deodorant, dem Fuss-Spray, dem Mundwasser und dem zarten Parfum ist einem die gesellschaftliche Akzeptanz sicher.

Fuss-Spray:

Verhindert auch in mehrstündigen Opern den unangenehmen Fussgeruch!

Frische Socken:

Der Durchschnitts-Opernbesucher trägt dunkle Socken. Mit farbig-gestreiften Socken hingegen, getragen unter zu kurzen Hosen, hebt sich der Träger als exzentrisches Mitglied der Künstler-Szene von der gebildeten Masse (=Establishment) ab.

Mundwasser:

Mundgeruch ist in Opern verpönt. Er stört die Sänger und beeinflusst die Reinheit ihrer Stimme! Zudem, die Blasinstrumente rosten!

Deodorant:

Schutz vor unabsichtlichen Düften nach Schweiss- und anderen Ausbrüchen. Die Nachbarschaft wird es zu verdanken wissen.

Parfum:

Ein angenehmer Duft erfreut jedes Damenherz.

(Achtung: Nur auf Brusthöhe benutzen, damit der intensive Parfum-Duft die feine Ausstrahlung des Fusssprays und des Mundwassers nicht beeinträchtigt.)

General-Programm der Stiftung Basler Orchester:

lm Jahresprogramm findet man die wichtigsten Grundlagen für eine hochstehende Unterhaltung (=Small Talk) : "Ja, in der Tosca habe ich kürzlich eine sehr zarte Traviata genossen. Aber der Giovanni wird immer älter! Was, er ist bereits gestorben? Oh, Sie waren seit 3 Jahren nicht mehr beim Figaro?"

Traubenzucker:

Kraftmittel zum Durchstehen einer Oper, die wie ein Triathlon abläuft:

  1. Disziplin: 1 Std. Parkplatz suchen.
  2. Disziplin: 3-6 Std. Sessel-Sitzen.
  3. Disziplin: 100 Hin- und Her-Bewegungen der Arme (=Applaudieren)

Schlafmittel:

Es besteht in vielen Opern die Gefahr, dass Duette zu laut gesungen werden, so dass ein gleichmässiger Schlaf behindert wird. In diesen unangenehmen Situationen muss mit einem Schlafmittel nachgeholfen werden.

Augenbinde:

Eine Augenbinde unterstützt einen ruhigen und ungestörten Schlaf, denn der Betroffene wird nicht durch den Anblick herausquellender Brüste auf der Bühne verunsichert.

Schnaps:

Opern enden meistens in tödlicher Kälte. Um die Geister wieder zu wecken, wird ein tiefer alkoholischer Ueberlebensschluck empfohlen.

Rucksack:

Plastik-Einkaufs- und Jutesäcke, geflochtene Körbe oder sogar Militärrucksäcke eignen sich schlecht für die vielen Utensilien, die man für einen Opern-Besuch mitnehmen muss.

Gemüse und Eier:

Ein Opernkenner zeichnet sich durch ein gefühlsbetontes Benehmen aus. Seine Freude und sein Wohlgefallen drückt er durch Applaus aus. Seine Enttäuschung zeigt er durch gelühlvolles, aber gezieltes Werfen von farbigen, eher weichen Gemüsen wie Tomaten und vorallem frischen Eiern.

Zusatz-Kissen:

Ungewohnten Opernbesuchern fehlt die notwendige Fettpolsterung bei den untersten Rückenwirbeln, um eine mehrstündige Vorstellung ohne bleibenden Schaden zu überstehen.

Opernschuhe:

Störungen während Opern müssen vermieden werden. Das Klappern von Lederschuhen kann z.B. mit einem Xylophon verwechselt werden, was zu Unruhen im Orchester und bei den Darstellern führen kann.

Aus diesem Grund wird das Tragen von typischen Opernschuhen empfohlen.

Erfrischungstüchli:

Dramatische Szenen lassen den Adrenalin-Spiegel leicht ansteigen, was zu unerwarteten Schweiss-Ergüssen am ganzen Körper führen kann.

Ergüsse über unbedeckten Extremitäten lassen sich mit den angenehm duftenden, leicht feuchten Opern-Tüchlein aufsaugen und abwischen. (Achtung: Bitte nicht einnehmen!)

Luft-Fächer (Ventilator):

Sowohl die Sänger als auch die Blas-Musiker blasen Luft in Richtung der Zuschauer, sodass die Luftfeuchtigkeit im Zuschauerraum unaufhaltsam ansteigt.

Mit dem Fächer lassen sich die unangenehmen Luftströme erfolgreich zurücktreiben.

Muggedätscher:

Mit diesem elastischen Werkzeug lassen sich fliegende Ungeheuer wie Mücken, Wespen, Bienen erfolgreich bekämpfen. Dank des langen Stiels verfügt der Besitzer über ein effizientes Werkzeug mit grosser Reichweite. Sogar auf den vorderen und hinteren Sitzreihen lassen sich diese wilden Tiere bekämpfen.

Ein Muggedätscher ist effektvoller als ein Mückenspray, denn das Spray-Geräusch ist wie ein Signal und allzu viele Leute schauen den wilden Bewegungen des Sprayenden zu.

WC-Papier:

Manchmal fehlts am stillen Oertchen, weil es als gestalterisches Requisit auf den Bühnen gebraucht wird....

Mit der etwas härtereren aber rutschigeren Ausführung lassen sich mit etwas Geschick schöne Flugzeuge zusammenlalten, die problemlos über den Orchestergraben hinweg auf die Bühne fliegen. Eine differenzierte Reaktion der Künstler ist einem sicher.

Notverpflegung:

Opern können 6 und mehr Stunden dauern. Dies ist dann der Fall, wenn der Dirigent zu langsam dirigiert oder die Musiker zu langsam spielen.

Diese Situation ist nicht aus der Luft gegriffen, denn bereits eine 1/4-Sekunde langsamere Bewegung des Dirigenten-Armes verdoppelt die gesamte Auflührungszeit. In einem solchen Fall, wird die geeignete Notverpflegung zu einer lebenserhaltenden Massnahme.

Papiertaschentücher:

Tränen sind Ausdruck von Gefühlen. Nasenfluss eher ein Zeichen von vergangenen Temperaturschwankungen. Für den Opernbesuch sind in beiden Fällen die dreilagigen, nicht knisternden Papier-Taschentücher mitzunehmen.

(Tip: ln tragischen Opern mit Todesfolgen sind Multipack-Taschentücher von Vorteil!)

Krimi:

Es gibt nichts unerhörteres, als eine Oper mitten in der Vorstellung zu verlassen. Diesem inneren Drang kann mit einem guten Krimi entgegen gewirkt werden.

Gehörschutz:

"Musik ist oft mit Lärm verbunden". Vorallem in der 1. Reihe des Theaters kann die volle Gesangsleistung (=Sinus-Nennleistung) einer Opern-Diva die gesundheitsschädigenden 85 Dezibel überschreiten. Nicht unterschätzt werden darf der dabei entstehende Durchzug!

Empfindliche Leute sollten zu lhrem Schutz entweder die niedlichen Gehörschutzpfropfen (bekannt aus dem Militärdienst) oder die der Kopfgrösse anpassbaren "Deluxe Gehörschutz-Kopfhörer" mit dem gewissen Etwas auf sich tragen.

Toiletten-Tasche:

Durch die Emanzipation der Männer ist es chic, wenn er wichtige Kleinutensilien wie Pariser, Zahnpasta, Schuhlöffel, Haar-Kamm, Sicherheitsnadel in seiner eigenen Toilettentasche mit sich führt.

Taschenlampe:

Mit einer stark leuchtenden Stab-Taschenlampe kann sehr gut in den Orchestergraben hineingeleuchtet werden. Einen unerwarteten und unüberhörbaren Erlolg zeitigt auch das Anleuchten von singenden Darstellern.

Partitur:

Mit einer Partitur unter dem Arm wird man als Musik-Kenner erkannt und durch die anderen Opernbesucher mit angemessener Ehrfurcht begrüsst.

Wichtig: Man kann immer dieselbe Partitur mitnehmen, denn Noten können die wenigsten lesen!

Ruhe- und Applaus-Schild:

Soll Fritz jetzt applaudieren? Oder war es nur ein "pianissimo"? Dank der beiden Schilder kann Anette in aller Ruhe ihrem Fritz anzeigen, was er tun soll.

Hinweis: Die Schilder sind auch im Privatleben z.B. beim Schnarchen geeignet.

Glas und Ghampagner:

ln vielen Opern fliesst der Champagner in Strömen. Leider reicht der leckere Saft nur für das Ensemble. Es ist zweckmässig, eine eigene Flasche mitzubringen, damit man vom Platz aus den Feiernden auf der Bühne zuprosten kann!

Künstliche Blumen:

Als Gegenstück zu den Tomaten und Eiern können Blumen eingesetzt werden. Grosser und umwerfender Erfolg ist einem sicher, wenn man die Blumen während einer Arie der Opern-Diva zuwirft (und trifft).

Geschicklichkeitsspiele:

Auf den Sitzen im Stadttheater lässt sich wunderbar auf und ab, sowie hin und her schaukeln. Dies ist aber sehr gefährlich, denn Finger sind schnell eingeklemmt. Dies könnte man noch akzeptieren, aber der ausgestossene Lustschrei stört das Liebesduett auf der Bühne.

Geschicklichkeitsspiele sind weniger gefährlich. Das Jo-Jo-Spiel ist vorallem in der 1. Reihe über dem Orchestergraben sehr kurzweilig.

Kraftmittel:

Pro Opern-Besuch verbraucht der Körper zwischen 3'000 und 6'000 Kcal an Energie. Um anschliessend an die Aufführung noch bestehen zu können, wird die laufende Einnahme eines Aufbau- und Kraft-Präparates empfohlen.

Erhohlungs- und Gesundheitsbad:

Nach einer Opern-Vorstellung darf man sich nicht unvorbereitet in das nächste körperliche Abenteuer stürzen. Kolle(-gen) emplehlen ein paar Minuten in diesem Erhohlungs- und Gesundheitsbad. Eine entsprechende Fach-Zeitschrift kann die Wirkung noch verbessern.

 

 

Autobiografie von Max Lehmann
Schafmattweg 13, CH-4102 Binningen
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