Erinnerung an meine Zeit in Sandoz und Novartis (1. 7. 1981 - 31. 12. 2000)
(Teil meiner Autobiografie "Ich habe gelebt !" Letzte Aenderung: Version 1.0 vom 10. Okt. 2016)

(Ein Rückblick geschrieben am 7. Dez. 2000 zu Handen meiner Mitarbeiter und Kollegen)

Als grosser Glückspilz werde ich auf Ende Jahr an meinem 58. Geburtstag pensioniert. Für mich geht damit mein beruflicher Lebensabschnitt zu Ende und etwas ganz Neues beginnt. Dies ist für mich Grund genug zu einem kurzen, persönlichen Rückblick:

1981 - 1984: Anwendungsberater in SYMA

Meine Sandoz/Novartis-Zeit hat damit begonnen, dass ich anfangs 1981 der Sandoz AG das letzte Gross-Computersystem von SPERRY-UNIVAC vom Typ 1100/62 verkauft habe. So gegen 3.5 Mio SFr dürfte der Rechner gekostet haben. Mein Gesprächs- und Verhandlungspartner war der damalige SYMA-Leiter und heutige Finanzchef der Clariant AG Roland Lösser. Da wir uns gut verstanden und gemeinsam manche Dannemann-Zigarre rauchten (ich bin jedesmal kreidebleich aus seinem Büro gestapft), machte er mir trotz GWA (Gemeinkosten-Wertanalyse) durch McKinsey das Angebot, per 1. Juli 1981 bei ihm einzutreten. Roland Lösser hat mich stark und entscheidend geprägt.

Zusammen mit Peter Genkinger, Jean-Francois Gorgerat, Louis Schaller, Christoph Schlachter und Max von Büren bildeten wir das Team der "Anwendungsberater". Ich hatte die Pharma mit allen Bereichen wie R+D, Produktion und Marketing zu betreuen und kam in dieser Zeit auch erstmals in Kontakt mit dem SAP-System (R1), als es darum ging die handgeschriebenen COBOL-Programme von Rainer Geschwandtner aus der PPS zu ersetzen.

1984 - 1994: Informationsverarbeitung Pharma Entwicklung (IV-PE)

Wanderung durch IV-PE (Okt. 1991)
(Klick aufs Bild für volle Grösse)

Mein Gastspiel in SYMA dauerte 3 Jahre bis ich von Hartmut Bethke, dem damaligen Leiter von Pharma Entwicklung (PE) beauftragt wurde, die Informatik in PE (=IV-PE) aufzubauen und zu leiten. Es war eine fruchtbare Zeit mit exzellenten, weitsichtigen Entscheidungen und Weichenstellungen.

Zusammen mit Michael Engel haben wir das "Office-System ALL-IN-1" mit Textverarbeitung, Ablage und Mailing für Gesamt R+D evaluiert und erfolgreich weltweit implementiert. Rückblickend eigentlich erstaunlich, was zu damaliger Zeit durch einzelne Mitarbeiter alles bewegt werden konnte. Das unternehmerische Denken jedes einzelnen war gefragt und wurde auch akzeptiert! Ich erinnere mich noch sehr gut an die erfolgreiche Präsentation des Projektes vor dem kritischen R+D-Leiter und dem Klinik-Management. Erwähnenswert ist auch der durch uns berechnete und prognostizierte Platten-Speicherplatzes für all die Office-Benutzer, nämlich gegen 6.5 GigaBytes, was damals technisch noch nicht möglich war. (Als Vergleich: diese Speicher-Kapazität ist heute auf jedem Notebook verfügbar! Die Basler GEM-Umgebung nutzt zur Zeit etwa 1'700 GygaBytes).

Im Laufe der Zeit bestand mein IV-PE-Team u.a. aus Michael Engel, Bettina Ernst, Thomas Karsch, Waltraud Kleiner, Bernard Linder, Werner Meier, Urs Pfund, Joachim Rademacher, Roland Stucki, Christian Uhlen und René Weber. Mein Team war absolute Spitze. Wir waren eine verschworene Gemeinschaft und genossen unsere Erfolge gemeinsam, denn jeder war ein Rädchen in unserem Gelingen. Aus diesem Grund ist es auch nicht erstaunlich, dass wir uns heute noch 2-3 mal jährlich treffen und in den Erinnerungen unserer gemeinsamen Zeit schwelgen und auch nachtrauern.

Berühmt waren unsere gelungenen Festivitäten. Kein Anlass war zu klein, um daraus einen überraschenden Anlass zu machen. Davon zeugt unser mehrbändiges Fotoalbum, das eigene Gesangsbuch und die seidene IVPE-Fahne.

Aber wir haben nicht nur gefestet. Die zweitgrösste Leistung neben der ALL-IN-1-Einführung bestand im Konzept und in der Realisierung des "PE-Informationssystem PEISY". Das Konzept hat sich bewährt und die meisten dieser Applikationen sind immer noch in Betrieb, denn wir nutzten bereits zu jener Zeit von uns aufgesetzte Qualitätssicherungssysteme und waren auch in Bezug auf die Computer Systems Validation führend (und brauchen uns gegenüber heute nicht zu verstecken!), denn diese war ein fester Bestandteil in der System-Entwicklung. Wir haben u.a. folgende Gross- Systeme geschaffen:

Bemerkenswert und vielleicht auch ein Grund für den Erfolg war, dass mir im PEGASUS-Projekt mit Jörg Reinhardt (heute R+D-Leiter) und anschliessend auch Andreas Rummelt (heute TechOps-Leiter) zwei erfahrene Benutzerprojektleiter zur Seite standen.

Die Nennung der sog. "4er-Bande" darf in meinen Erinnerungen nicht fehlen. Mit dieser Bezeichnung wurden die IT-Vertreter der 4 R+D Hauptabteilungen bezeichnet. Es waren dies neben mir Beat von Wartburg (Biologie und Tox), Frank Woitzek (Research) und Guy Neff (Klinik). Wir 4 koordinierten nicht nur unsere IT intern, sondern brachten auch die Bedürfnisse von R+D in die zentrale IT ein. Wir hatten ein starkes Gewicht in der Basler IT-Welt, weil wir uns gegenseitig abstimmten und eine einheitliche, gemeinsame Meinung abgaben. Wir waren unbequem und liessen uns nicht auseinander dividieren.

1994 - 1998: IT-Controller in PBO ( = Pharma Basel Operation)

Nach 10 Jahren aktiver IT zog es mich zu Karl Immer und seinem Nachfolger Werner Lang, den Leitern der Basel IT-Organisation, wo ich als IT-Controller die Kostentransparenz in der IT durchsetzen sollte. Diese Aufgabe hat meinen späteren Berufsweg stark gepägt. Bereits im Sommer/Herbst 1995 lag das damalige "YELLOW-BOOK" als Preisbuch mit Beschreibung und nachvollziehbaren Kostenansätzen der IT-Services vor und erstmals budgetierten die Abteilungen emotionslos auf Basis von SLA's (=Service Level Agreements).

So nebenbei wurde dieselbe Methode im Rahmen des Projektes SEPRABA auch für die Kalkulation und Weiterverrechnung der Infrastruktur-Kosten des Werkes Basel wie Strom, Wasser, Dampf, Telefon, Kantine, Feuerwehr etc angewendet.

Den Merger zwischen Sandoz und CIBA habe ich als Leiter der "Computer Systems Validation TaskForce" und als globaler IT-Controller unter Josef Meyer (=Velo-Meyer) erlebt. Einen Merger muss man einmal im Leben erlebt haben. Es ist unvorstellbar, was da alles abläuft. Ich war noch nie so selbständig und mit Kompetenzen ausgerüstet, wie zu jener Zeit.

Die beiden unterschiedlichen Finanzsysteme und -Methoden, nach denen im 1. Jahr von Novartis gebucht und weiterverrechnet wurden, waren eine ganz spezielle Herausforderung. Die "Out-of- pocket-Kosten" hatten wir im Griff, nicht jedoch die für mich heute noch dubiosen Weiterverrechnungen gewisser IT-Abteilungen con CIBA.

Dank der von mir auch in Novartis durchgesetzten Transparenz der IT-Kosten mit klar definierten Services inkl. deren Kalkulationen und Mengengerüsten war das Outsourcing der IT-Infrastruktur (Server, Support, Netzwerk etc) im 1997 an IBM zu akzeptablen Bedingungen und Rückverechnungen möglich. Der Grundstein fürs heutige Service-Management war gelegt. Leider wurde mein Weggang von einer bösartigen Unterstellung durch den neuen CIO Peter Sany getrübt.

Support-Team Stein auf Trottinets (1998)
(Klick aufs Bild für volle Grösse)

1998 - 2000: Leiter Infrastruktur im Werk Stein

Die Zeit zwischen Mai 1998 und Ende 1999 verbrachte ich im Werk Stein, dem grössten pharmazeutischen Werk von Novartis. Das Werk Stein ist etwas besonderes. Eine eigene Welt mit unterirdisch fahrenden, radioabspielenden Transport-Robotern, die die Einsatzstoffe, Verpackungen und die Fertigprodukte zwischen dem vollautomatisierten Lagerhaus und den Betrieben hin- und hertransportieren.

Ich hatte die notwendige Infrastruktur wie Server, Netzwerke und den Support für den laufenden Betrieb aber auch für das Projekt NOPPS (Novartis Produktions Planung und Steuerung) bereit zu stellen. Beides habe ich in einem tatkräftigen Team mit Hilfe von Jutta Clemens, Christoph Koch (ein externer Profi von IGS), Marcello Scaglia und Lena Thomma und vielen anderen tollen Kollegen geschafft.

Diese beiden Jahre in Stein waren eine ganz besondere Zeit. Ich konnte nochmals etwas bewirken und die Informatik den Mitarbeitern von Stein etwas näher bringen. Die gegenseitige Sympathie zu den Werkleitern Georg Acklin und anschliessend auch zu Eduardo von Achenbach hat mir dabei sehr geholfen. Ich konnte immer auf ihre Unterstützung zählen. Schon nach kurzer Zeit war ich Mitglied der Hauptsitzung PPS und der Werksleitung. Aber es war auch eine mühsame Zeit, denn gewisse Dienstleistungen von Basel waren nur über Beziehungen oder Bestechung erhältlich.

Den Milleniums-Jahreswechsel erlebte ich im Einsatz und sah von meinem Büro aus das grosse Feuerwerk über dem Barock-Münster von Bad Säckingen. Dies war ein ganz besonderes Gefühl, denn unsere Massnahmen waren erfolgreich. Es hat sich bewährt, dass wir über 30 Server ausser Betrieb nahmen und alles testeten (auch die Notstromversorgung). Wir waren für alle Fälle gerüstet. Wir wussten auch, an welcher Steckdose unsere Kaffeemaschine unter Diesel-Generator gelaufen wäre.

2000: Zurück in Basel beim LFIM TechOps

Mein letztes Jahr in Novartis verbrachte ich in Basel, um meine Erfahrungen dem LFIM TechOps Team mit Agnes Baumgartner, Beatrice Buttigli, Christoph Freyburger, Wolfgang Glasbrenner, Christoph Guyot, Heinz Werner Schrader weiterzugeben. Die Rückversetzung von Stein in den düsteren, rauchgeschwängerten 3. Stock des Bau WSJ-210 hat mich mehr beschäftigt, als ich anfänglich wahrhaben wollte. Ich war frustriert und moralisch angeschlagen.

Mit Wolfgang Schmitt hatte ich aber einen ganz besonderen Vorgesetzten. Um in seinem Team neue Kräfte freizumachen, liess er ab Mai 1999 monatlich mit Frau Sonja Herzog-Lang eine Power-Frau einfliegen, die mit seinen Direktunterstellten ein Team formte und unsere Gefühle aktivierte. Sie lehrte uns, mit unseren Gefühlen zu führen. Es war erstaunlich, wie die eigene Effizienz anstieg. Sie hat mich aus meinem Tief herausgeholt und mich erkennen lassen, was sich in meiner inneren Gefühlswelt alles abspielte. Sie ist daran, einen neuen Max Lehmann zu bilden.

Ausblick in meine Zukunft

Und nun blicke ich gespannt in meine nächste Lebensphase. Alles wird neu sein. Kein Vorgesetzter, der mir Aufgaben übergeben wird, der mich lobt oder kritisiert. Keine Arbeitskollegen, mit denen man ein paar Worte wechseln kann. Meine meisten Freunde werden noch im Arbeitsprozess stehen. Was wird die Zeit mir wohl bringen?

Ich werde mir einen alten Lebenstraum erfüllen: Selbständig will ich sein. Nur mir selbst verantwortlich.

 

Autobiografie von Max Lehmann
Schafmattweg 13, CH-4102 Binningen
Jump to (1 kB)

Zur Homepage
http://www.maxlehmann.ch
Jump to (1 kB)

Zur Autobiografie
http://www.maxlehmann.ch/memoiren