Meine Schwester Christina v/o "Christeli"
(Teil meiner Autobiografie "Ich habe gelebt !" Letzte Aenderung: Version 1.2 vom 24. Apr. 2019)

Christeli wurde am 6. Dezember 1945 in Basel geboren. Christeli ist demnach ziemlich genau 3 Jahre jünger als ich. Die Kindheits-Verkleinerung ihres Vornamens gebrauchten wir alle bis zur ihrem 20. Geburtstag, als sie Christina genannt werden wollte. Solche Names-Verkleinerungen oder Kind-Kosenamen waren damals üblich. So wurde ich lange Zeit Maxli genannt. Ihre Paten waren Götti Otti (Hämmerle) und Gotte Gret (Ganter), die aber früh starb. Die Frau vom Götti Otti, Gotte Marieli, übernahm deren Patenschaft.

Christeli im Kindesalter
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Schule und Jugend

Die ersten 4 Jahre ihrer obligatorischen Schulzeit, die Primarschule, verbrachte Christeli in der Petersschule bei der Peterskirche Die darauffolgende Realschule, sie entspricht der Schulstufe vor dem Gymnasium, besuchte sie in der Steinenschule beim Stadt-Theater Basel.

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Zeitungsinserat

1962/63: Welschlandjahr im katholischen Internat

Christeli war nicht etwa dümmer als ich, aber sie hatte nicht den Erwartungsdruck zu bewältigen, der mir als männlichem Nachkommen aufgebürdet wurde. Sie durchlief die Schulen in Basel problemlos. Aber sie wusste noch nicht, was sie später werden wollte. Krankenschwester, wie ihre Mutter, lag zwar als Idee bereits in der Luft, aber sie war noch unausgegoren. Wie bei vielen Mädchen, schickte man auch Christeli ins Welschlandjahr, um Französisch zu lernen. Zwei Jahre verbrachte Christeli im katholischen "Internat du Sacré Coeur de la Tuilerie" in St. Maurice (Valais).

In diesem geschlossenen Internat war Christeli versorgt .... und nahm auch ein paar Kilo zu. Ich erinnere mich noch gut daran, als wir nach Italien zum ersten Camping-Urlaub fuhren, und Christeli in St. Maurice abholten, da war ich perplex. Als sich die Türen des Internats öffneten, kam uns nicht etwa das bisher schlanke Mädchen, sondern eine etwas mollige 17-jährige Blondine entgegen. Zu der Zeit war ich ein böser Bruder. Mehr darüber und wie ich auf die Welt kam, das könnt ihr unter meinen Ferien-Erinnerungen "1962 Camping in Italien" lesen.

1963/64: Au-Pair in England:

Für Christeli war es nach dem Internat klar, sie wollte Krankenschwester werden, wie ihre Mutter. Dazu musste sie aber mindestens 19 Jahre alt sein. Deshalb schickten sie meine Eltern für ein bis zwei Jahre als Au-Pair nach England um Englisch zu lernen.

Freude und Leid liegen oft ganz nahe beieinander. Zwei Jahre vorher im 1962 begannen meine Eltern das Camping zu entdecken. Im 1964 wollten sie Christeli in England besuchen, wo sie bereits 1 Jahr in Eastbourne als Au-Pair-Mädchen "wirkte". Ich war zu der Zeit in der Offiziersschule in Dübendorf und konnte nicht mitreisen.

Man muss sich vorstellen, welchen Mut mein Vater für diese Reise nach England aufgebracht hatte. Seinen Fahrausweis erlangte er erst wenige Jahren vorher. Er hatte nur wenige Kilometer Fahrpraxis. Er war unsicher auf Schweizer Strassen. Nun wagte er sich über die unendlich langen Landstrassen von Frankreich nach England in den Links-Verkehr. Es war nicht Ueberschätzung, die ihn dazu trieb. Er kannte seine Grenzen, wusste aber auch, dass er dies schaffen konnte. Er wollte sich und seiner Frau einen Wunsch erfüllen, Christina im weiten England zu besuchen. Nach Italien war es ihre erste Auslandreise. Es wäre auch alles gut gegangen, wenn er wegen fehlender Erfahrung einmal nicht falsch reagiert hätte, als er im dümmsten Moment links und rechts verwechselte und in einen schweren Armee-Lastwagen fuhr.

Mehr über diesen schweren Unfall und vorallem über meine unverhoffte Aufgabe als neues Familienoberhaupt in England könnt ihr in meinem Beitrag "Tod meines Vaters" nachlesen

1965: Party zu ihrem 20. Geburtstag - Aus "Christeli wird Christina"

In der Hebelstrasse gab es einen echten alten, verstaubten Estrich. Dort drinnen hätte auch Harry Potter leben können. Seit Jahren benutzte man ihn nicht mehr. Aber er war ideal für eine Party. Christeli wollte ihren 20. Geburtstag hier oben feiern. Zuerst mussten wir aufräumen und vorallem putzen. Er war voller Staub. Also Wasser spritzen und den Staub zusammenwischen. Eine mühsame Arbeit, denn auch die uralten Quer- und Stütz-Balken waren total verstaubt.

Für die männlichen Gäste als Tanzpartner war ich als Bruder besorgt. Ich organisierte meine damaligen Freunde und Arbeitskollegen wie Toni Strub, Dieter Reinker aus der CIBA ein. Christeli lud ihre Freundinnen aus der Schule und der Schwesternschule ein. Damals ging man mit dem anderen Geschlecht noch sehr sorgfältig um. Man lebte die Freundschaften auswärts aus. Die Eltern waren noch nicht soweit, eine Freundin oder Freund zu akzeptieren, ohne dass man ans heiraten dachte.

Es wurde ein lustiger Abend. Die Stimmung war bestens. Alle brachten Kuchen mit. Ich hatte bereits einen teuren Philips-Transistor-Radio mit Kassettenfach, ab dem ich Musik abspielen konnte. Zu der Zeit benannte man die Radios noch nach ihrer Bauweise. Der Transistor-Radio hatte keine Röhren mehr, sondern nur noch kleine Transistoren.

Ich bin mir nicht mehr sicher, aber ich glaube mich erinnern zu können, dass an diesem Abend meine Schwester verkündete, dass sie ab sofort nicht mehr Christeli genannt werden wollte. Ausserhalb unseres Hauses war dies schon lange so, aber ich und meine Mutter riefen immer noch Christeli. Damit sollte nun Schluss sein. Ich muss gestehen, ich hatte lange Zeit Mühe damit und musste mich dazu zwingen, Christina zu sagen. Auch heute noch!

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Christina als Krankenschwester (1966)

1965-67: Ausbildung zur Krankenschwester

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Mit 19 Jahren begann Christina in der Schwesternschule Basel ihre 3-jährige Ausbildung als Krankenschwester. Damals herrschten noch harte Regeln. In der ganzen Zeit musste sie im Merian-Haus in der Hebelstrasse wohnen, obwohl sie nur wenige 100 m entfernt bei uns in der Hebelstrasse ein Zimmer hatte.

FHD (Frauenhilfsdienst)

Zu ihrer Zeit waren alle Krankenschwestern automatisch Mitglied im militärischen FHD (Frauenhilfsdienst). Im Kriegsfall wäre sie unverzüglich unter Militärrecht gestellt worden und müsste als Krankenschwester in einem Militärspital arbeiten. Christina fasste die gesamte militärische Ausrüstung und Uniform, bekam ein Dienstbüchlein, musste aber nie einrücken.

1971-1979: Kanada

Christina wohnte und arbeitete im französisch sprechenden Montreal als Krankenschwester in verschiedenen kanadischen Firmen. Nach 5 Jahren erhielt sie das kanadische Bürgerrecht. Sie hatte eine Katze die "Schnuggi", die sie bei einem Ferienbesuch in die Schweiz mitbrachte und bei unserer Mutter zurückliess. Nun hatte Mami auf einmal zwei Katzen, die Schnuggi und ihren Lumpi. Dies hatte auch für mich Konsequenzen: Während den vielen Abwesenheiten und Ferien meiner Mutter musste ich alle zwei Tage das Kistli beider Katzen leeren und Fressen rüsten.

Auf einer unserer Hochzeitsreisen besuchten ich und Doris auch Christina in Montreal. Ich erinnere mich noch gut an das gewaltige Gewitter, das uns im Flugzeug kurz vor Montreal heimsuchte. Kanada hat mir sehr gut gefallen. Eine Landschaft, der man ansah, dass es im Sommer sehr heiss ist, im Winter aber durch Frost und Kälte kontrolliert wird.

Mehr über diese Reise könnt ihr unter "Ferien mit meiner Familie Doris, Katja und Daniela" nachlesen.

Rebstein, Sonnenbräu und 3-Mädchenhaus

Am 24. Mai 1980 heiratete Christina den Arnold Graf von Rebstein und wurde damit nicht nur "Gräfin" sondern auch Chefin einer Brauerei. Die beiden hatten sich in Kanada kennen gelernt. Ab 1982 versuchten sie es, wie es auch bei mir bereits Tradition war, einen Stammhalter auf die Welt zu bringen. Nach Stefanie, Regula und Claudia haben sie mit den Experimenten aufgehört.

Christina und Arnold haben viele Gemeinsamkeiten. Sie sind ein tolles Team. Gemeinsam spielten sie Tennis und später Golf. Christina führte die Tradition unseres Vater weiter und stand als Präsidentin mehrere Jahre dem evangelischen Kirchenrat von Rebstein vor.

Es war eine denkwürdige Hochzeit. Eine Bierbrauer-Hochzeit. Es kamen ausserhalb der beiden Verwandtschaften auch Bierbrauer aus Deutschland und Indien. Ich kam wie die Jungfrau zum Kinde, nämlich zum Amt des Tafelmajors. Ich kannte Christin ja gut, aber vom Arnold wusste ich gar nichts. Mittels handgeschriebenen Briefe, es gab noch kein Internet" informierte ich mich bei seinen Verwandten.

Hochzeit Christina und Arnold am 24. Mai 1980
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Begrüssungsrede von mir als Tafelmajor anlässlich der Hochzeit zwischen Christina und Arnold am 24. 5. 1980

Liebes Brautpaar,
verehrte Schwiegermütter,
liebe werdende Grossmütter,
werter Schwiegervater,
verehrter Grossvater in spe,
liebe Tanten und Onkels,
werte Schwester und Brüder,
meine lieben Gäste,
liebe Bierbrauer,
verehrte Damen und Herren aus nah und fern

Ich hoffe, dass ich mit dieser etwas komplizierten Begrüssung alle begrüsst habe und niemand sich zurückgesetzt fühlt. Diese Begrüssung hat nur den Anschein von Kompliziertheit. Sie ist nicht kompliziert: ich verspreche ihnen, dass alles an diesem Hochzeitsfest unkompliziert sein wird. Wir Männer sind ja ohnehin die Unkompliziertheit in Person: klar im Ausdruck, geradlinig im Denken, ohne Fehl und Tadel, und anpassungsfähig.

Ein Beispiel: Christina arbeitete während mehreren Monaten an den unzähligen Falten ihres Plissée-Kleides. Für Arnold hingegen hätte auch sein noch neuwertiger und wenig gebrauchter Konfirmanden-Anzug genügt. Er passte sich aber an und kaufte vor ein paar Tagen diesen wunderbaren Anzug mitsamt Zutaten. Dank dieser Anpassungsfähigkeit haben wir es mit einen "härzigen" Hochzeitspaar zu tun.

Eine weiteres Beispiel seiner Unkompliziertheit: An allen Ecken dieser Hochzeits-Tafel sitzen nach dem Wunsche von Arnold " ".

Nun, ich bin abgeschweifft. Ich sprach von der Kompliziertheit. Heute ist ohnehin alles sehr kompliziert: das Autofahren, die Steuererklärung, die Auswahl der Fernsehprogramme, das Leben im Allgemeinen und im Speziellen. Nur das Heiraten wird einfacher. Die Komplikationen kommen erst später. Schon der alte Adam erfuhr dies, als ihn der Herr aus Staub machte. Hätte er nämlich gewusst, was ihm mit der Eva alles blühen würde, er hätte sich schon früher aus dem Staub gemacht.

Liebe Gäste, ich habe auf Christinas und Arnolds Wunsch das Amt des Tafelmajors übernommen. Es heisst zwar, wem ein Amt gegeben werde, dem gebe Gott auch den Verstand. Auf diesen Verstand warte ich noch immer. Irgendetwas hat da nich geklappt. Ihr dürft von mir daher nicht allzuviel erwarten. Laut Arnold habe ich als Tafelmajor so etwas wie ein Hofnarren zu spielen. Sehe ich etwa so aus?

Nun trotzdem, gebt mir eine gewisse Narrenfreiheit. Sollten im Verlaufe des gemütlichen Teiles irgendwelche Anspielungen fallen, die auf hier anwesende Personen zutreffen könnten, so sind diese rein zufällig und ohne böse Absicht. Im übrigen bitte ich, daran zu denken, dass sich das Werfen von harten Gegenständen in öffentlichen Lokalen nicht schickt.

Ich bin von Geburt her der Bruder unserer Braut und wlll ein paar Jugenderlebnisse weitergeben:

  1. Als kleines Kind ging Christina oft in den Basler-Zo11i zu ihren Geissli. Sie nahm immer Brot mit. um diese Tierchen zu verwöhnen. Eines Tages wunderte sie sich, dass die Geisschen nichts fressen woIlten. Sie bemerkte aber nicht, dass diese Tierchen ihr in der Zwischenzeit den Rock samt Schürze abgefressen haben.

  2. Heute ist Christina schlank und rank. Dem war nicht immer so. Ihre Welschlandzeit verbrachte Christina in einem kath. Institut in St.Maurice. Ausser Essen hat sie wahrscheinlich nicht viel anderes gemacht. In den darauffolgenden Ferien gings nach Italien. Ich als ihr grosser Bruder schämte mich, mit einem solchen Dicksack einherzugehen. So machte ich den Vorschlag, dass Christina vorausgehen soll, wie wenn es unser Dienstmädchen wäre. Am nächsten Tag musste ich zu meinem Schrecken feststellen, das sie mit ihrem blonden Haar doch irgendwie dem Schönheitsideal der jungen Italiener entsprechen musste, denn sie war umringt von vielen Papagallis. So kann es einem gut meinenden Bruder ergehen. Dies war auch der Grund, dass sie fortan nicht mehr vor- oder hinter uns laufen musste.

Dies waren nur zwei Episoden und Anspielungen. Eine Aehnlichkeit ist rein zufällig und ich kann nichts dafür, dass Christina anwesend ist.

Liebe Gäste, wir sind eines freudigen Ereignisses wegen hier zusammengekommen. Die Freude ist ja eine schöne Sache:

  • Wir freuen uns, dass wir gratis so ausgezeichnet essen konnten.

  • Das Brautpaar freut sich, dass es sich für den gemeinsamen Einsatz im harten Leben vorher noch richtig stärken konnte.

  • Wir freuen uns, dass wir so nett beisammen sitzen und wünschen, es möge noch recht lange so bleiben.

  • Das Brautpaar hofft, dass es bald Feierabend werde, damit sie miteinander die freudigen Ereignisse dieses Tages besprechen können. Wie man so zu sagen pflegt.

Sie sehen, die Freude ist eine höchst relative Sache, wie auch ihr Ausdruck relativ ist. Es gibt Tränen der Freude, wie auch Tränen des Schmerzes. Die dritte Variante sind Tränen beim Zwiebelschneiden

Aber freuen wir uns mit den Brautpaar. wir freuen uns von ganzem Herzen, dass sie glücklich sein werden, denn sie wollten es ja so haben. Wir freuen uns, dass wir zu diesem netten Hochzeitsfest eingeladen wurden, und nicht zuletzt freuen wir uns, dass wir die Zeche nicht zu zahlen haben.

Und nun liebe Anwesende lasst uns das Glas auf unser Brautpaar erheben.

Zum Schluss eine administrative Massnahme resp. Anordnung: Ab sofort sagen wir "Du" zueinander. Aus diesem Grund stossen wir nochmals kräftig an.

Hochzeitsfest
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Augenkrankheit

Leider brach bei Christina um etwa 2010 die Augenkrankheit "Makula Degeneration" aus. Bei dieser Krankheit wird das Sehfeld eingeschränkt. Dank ärztlicher Behandlung konnte der Fortschritt verlangsamt werden. Unsere Mutter litt an derselben Krankheit.

Lady Christina
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in Seefeld (2005)

Christina, Claudia und Arnold (2012)

Kichenverwaltungsratspräsidentin (2014)

 

 

Autobiografie von Max Lehmann
Schafmattweg 13, CH-4102 Binningen
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