Meine Prostata-Operation im Herbst 2009

Der nachfolgende Bericht soll keine Angst, sondern Zuversicht verbreiten. Ich selber habe mich vor meiner Operation nicht über Prostata im Internet informiert. Das Thema ist viel zu vielfältig. Meine Freunde können es bezeugen. Ich ging blau-äugig für ein paar Tage ins Spital und habe abgesehen von meiner Verstopfung nie gelitten. Vertraue der Ärzteschaft, denn sie sind Profis und machen das bestmögliche. Höre nicht auf die negativen Berichte aus Deiner Umgebung. Klemme diese Voten klar und bestimmt ab, denn bei Dir ist sowieso alles anders.

Ueberblick

Zwei Wochen habe ich in der Universitätsklinik von Basel verbracht, um mir dort meine verkrebste Prostata entfernen zu lassen. Am Dienstag, 2. November bin ich geheilt entlassen worden, nachdem die mir während der Operation entnommenen Gewebeproben keine zurückgebliebenen Krebszellen (=Metastasen) in meinem Körper mehr anzeigten und die neue Verbindung meiner Harnröhre mit der Blase die Dichtigkeitsprüfung bestand.

Es war vielleicht gar nicht so schlecht, dass ich derart blauäugig in ein solches Unternehmen hineintappte. Ich vertraute voll auf die Aussagen und Ratschläge der Ärzte, und bin damit gut gefahren. Ich habe nicht einmal die vielen TV-Sendungen über Prostata verfolgt. Glücklicherweise habe ich den vielen "gutgemeinten" mündlichen Ratschläge und Erfahrungsberichten zumeist nicht zugehört und die entsprechenden Mails gar nicht gelesen. Es ist mir unverständlich, was Leute denken, wenn sie einem positiv denkenden und voller Optimismus zur bevorstehenden Operation stehenden Kranken ihre schlechten "Horror-Erfahrungen" erzählen. Wollten die mir Angst machen oder mir ihre Tapferkeit beweisen?

Um es kurz zu machen: Ausser der Länge der Operation und des Spitalaufenthaltes ist alles so verlaufen, wie es die Ärzte prognostizierten: "Sie können 4 Wochen nach dem Spitalaufenthalt nach Thailand fliegen. Es gibt keine Therapie, denn Inkontinenz ist heute kein Thema mehr."

Wie sagte doch der Chefarzt PD Dr. Stephen Whyler nach der Dichtigkeitsprüfung ein Tag vor Austritt euphorisch: "Es kommt eben nicht darauf an, wie man zum Ziel kommt, sondern auf das Resultat. Und Ihr Resultat ist sensationell, einfach sensationell."

Rückblick auf meine Vorgeschichte

Nachfolgend ein kurzer Rückblick auf die Vorgeschichte: Es scheint, dass ich im rechten Moment am richtigen Ort war:


Männliche Geschlechtsorgane:
Prostatakrebs ist die häufigste Tumorart bei Männern:
Der Krebs tritt aber vor allem im Alter auf, bis zu 80 Prozent der über 70-Jährigen erkranken.

Die Prostata (Text aus Wickipedia)

Die Prostata oder Vorsteherdrüse ist eine Geschlechtsdrüse aller männlichen Säugetiere einschließlich des Menschen. Sie liegt beim Menschen unterhalb der Harnblase und umkleidet die Harnröhre bis zum Beckenboden. Sie ähnelt beim Mann in Größe und Form einer Kastanie. An die Rückseite der Prostata grenzt der Mastdarm (=Rektum). Deswegen kann sie vom Enddarm aus mit den Fingern ertastet und beurteilt werden. Aufgabe der Prostata ist die Abgabe eines Sekrets, das zusammen mit den Samenzellen das Sperma bildet.

Das Prostatakarzinom (-Krebs) ist die bei Männern um 65 am häufigsten diagnostizierte Krebserkrankung des Mannes. In der Schweiz werden jährlich etwas 5'000 derartige Fälle diagnostiziert, gleichviel wie Brustkrebs bei den Frauen. Der Krebs ist zumeist aber nicht so aggressiv, wie andere Krebserkrankungen. Aus Obduktionen weiß man, dass bis zu 80 % der über 70-Jährigen ein latentes Prostatakarzinom haben, ohne daran verstorben zu sein.

Der PSA-Wert (=prostataspezifische Antigen) hat momentan einen hohen Stellenwert in der Diagnostik. Er ist spezifisch für die Prostata, allerdings nicht für ein Tumorleiden, sondern kann auch bei Entzündungen oder vergrösserter Prostata erhöht sein. Ein Wert über 4 gilt als abklärungsbedürftig. Neben der Ertastung der Prostata auf Verhärtung durch den Mastdarm, ist ein Prostatakarzinom ausschließlich durch Biopsie (Gewebeprobe) nachweisbar.

Die Prostata-Operation

Bei lokal begrenztem Prostatakarzinom, wie es bei mir vorlag, und guter Konstitution ist die radikale Operation der Prostata, bei der Prostata, Samenbläschen und die regionalen Lymphknoten entfernt werden, die klassische Methode. Bei mir hat man einen laparoskopischen Eingriff vorgenommen. Die Urologische Klinik des Universitätsspitals Basel mit Prof. Dr. Alexander Bachmann zählt mit zu den führenden Zentren für urologische Laparoskopie (Schlüssellochchirurgie) in Europa. Der Vorteil dieser Schlüsselloch-Operation besteht darin, dass die Entfernung von Prostata und Lymphknoten nicht mittels eines grossen Bauchschnitts, sondern mit nur kleinen, wenigen Zentimeter grossen Schnitten erfolgt.

Das kritische an der Operation ist, dass durch den Wegfall der Prostata die Harnblase mit der Harnröhre neu verbunden werden muss. Zudem führen links und rechts der Prostata die wichtigen Nervenbahnen für das Wasser lassen (Kontinenz) und die Erektionsfähigeit. Und Schlussendlich muss die Prostata vom Rektum (=Mastdarm) abgetrennt werden. Da ich viel Wert auf den Erhalt dieser Nervenbahnen legte und scheinbar ein enges Becken aufweise, hat die Operation volle 7 Stunden gedauert. Normalerweise kommt man mit 3-4 Stunden aus.

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Universtitätsspital Basel

Montag, 19. Okt.: Mein erster Tag in der Universitätsklinik Basel: Eintritts-Untersuchungen

Die Nacht auf den Montag habe ich sehr unruhig verbracht. Ich war aufgeregt und trotzdem war es anders, als wenn ich ins Ausland verreise. Es waren erotische Träume und Gedanken, die mich beschäftigten. Alle meine Freundinnen kamen darin vor. Vielleicht beschäftigte mich die morgige Operation mehr, als ich es zugeben wollte.

Um 9 Uhr ging ich mit meinem Köfferchen auf die Strassenbahn Nr. 2, denn um 09:30 sollte ich mich im Universitätsspital Basel melden.

Das Universitätsspital Basel ist eines der grössten medizinischen Zentren der Schweiz mit höchstem, international anerkanntem Standard. Früher hiess es "Bürgerspital", dann "Kantonsspital" und seit ein paar Jahren "Universitätsspital Basel". Es ist ein berühmtes Spital und hat schon grosse Koryphäen als Ärzte, Forscher und Professoren beheimatet.

Im Zimmer 1136 in Chirurgie 1 wurde ich einquartiert. Mein Zimmernachbar stellte sich als Roland Schüssler vor. Er musste nachoperieren. Bei mir begannen nun die Einweisungen durch meine persönliche Krankenschwester (man sagt heute: Pflegefachfrau) und die Eintrittsuntersuchung durch die Stations-Assistenzärztin. Sie war überrascht, dass ich in meiner Kindheit und Jugendzeit Diphtherie und Tetanus hatte und nur zu einer Mandeloperation mit 21 Jahren im Spital war.

Es war ein wunderbarer Tag, blauer Himmel bei vollem Sonnenschein. Nach dem Mittagessen mit Tagessuppe, Schweinscarrébraten, Kartoffelstock, Kefen und Dessert trafen sich alle heute eingetretenen Patienten im Gang des Zwischengeschosses zu den kardiologischen Untersuchungen und dem Thorax-Röntgen. Dann ging es wieder zurück ins Zimmer, wo bereits die Narkoseärztin Frau Dr. Zettl auf mich wartete und mich orientierte: Vollnarkose, Operation von 8-11 Uhr (Bem: aus den geplanten 3 Stunden wurden 7).

Eine Weile später kam ein weiterer Arzt Dr. Christoph Burkart, der mich fragte, ob ich mich für eine freiwillige Gedächtnis-/und Konzentrations-Studie zur Verfügung stellen würde? ..... und sofort ging es los mit den Tests. Während 45 Minuten musste ich mir Wörter einprägen, Formen vergleichen, Zahlen- und Buchstaben verketten, sowie ein- und zweidimensionale Reaktionstests durchführen. Dieser Test wird kurz vor meiner Entlassung aus dem Spital wiederholt. Dadurch soll eruiert werden, ob und wie weit die Vollnarkose dem Erinnerungs- und Reaktionvermögen einen Schaden hinterlässt.
(Bem: Als ich denselben Test 10 Tage später wiederholte, war ich in der Tat bei den 2-dimensionalen Reaktionstests mit Tönen und Buchstaben ziemlich langsamer, anderseits war mein Erinnerungsvermögen besser.)

Es ging nun Schlag auf Schlag weiter: Ein Gersten-Gemüse-Auflauf als Nachtessen, der nicht meinem Geschmack entsprach, liess ich stehen. Aber bereits stand der nächste Arzt bei mir, PD Dr. med. Stephen Wyhler, leitender Arzt der Urologie und einer der beiden operierenden Ärzte. Er besprach mit mir sehr detailliert das Vorgehen der Operation und die Risiken betr. Inkontinenz (wenn man das Pipi nicht mehr halten kann) und Sex-Erektions-Fähigkeit, wobei er mich fragte, ob dies bei mir noch ein Thema sei. "Ich sei kein katholischer Priester" meinte ich. Dann müsse man besondere Sorgfalt bei den Erektionsnerven links und rechts der Prostata walten lassen, je etwa 40-45 Minuten Aufwand je Seite. Er bestätigte mir nochmals, dass ich keine Angst wegen Inkontinenz haben müsse, und 1 Monat nach Operation beruhigt nach Thailand fliegen könne.

Zum Abschluss des Tages gabs von der blonden Nachtschwester Veronika noch eine Thrombose-Spritze und ein Schlafmittel als Gute-Nacht-Kuss.

Di, 20. Okt: Der Operationstag

Um 06:30 war Tagwache, dann Duschen und Waschen nach genau festgelegtem Prozedere von oben nach unten. Dann erhielt ich eine Beruhigungstablette. Von da an, kann ich mich an fast nichts mehr erinnern. Das letzte Bild, das ich vor mir sehe, ist die Gesichts-Maske, die man mir im Operationssaal auf Nase/Mund presste. Und dann war ich weg. Es ist, als ob die gesamte Erinnerung bis zum Aufwachen ausgelöscht wurde. Später habe ich mir von einem Narkosearzt sagen lassen, dass einem in der Tat zur Stressbekämpfung Medikamente beigemischt werden, die die Erinnerung auslöschen, denn auch im Unterbewusstsein bekommt man doch einiges mit.

Ich rechnete mit einer 3-stündigen Operation und informierte entsprechend auch meine Tochter. Es war abgesprochen, dass der operierende Arzt unmittelbar nach Abschluss der Operation meine Tochter anrufen würde. Aber es sollte länger dauern. Nach 7 stündiger Operation bin ich um 17 Uhr wieder aufgewacht. Ich kann mich noch gut erinnern, wie sich meine Augen wie die Iris eines Fotoapparates Blende um Blende ruckweise öffneten und ich im Zimmer das Gesicht meiner Tochter wie in Nahaufnahme erkannte.

Wie ich nachträglich erfuhr, hat sich die Operation verlängert, weil ich ein enggebautes Becken habe und sie sehr sorgfältig arbeiten mussten, um die Nervenbahnen, die für die Kontinenz und Erektion verantwortlich sind, zu schonen. Die letzten 5 Stunden der Operation habe Prof. Bachmann eigenhändig operiert.

In der folgenden Nacht vom Dienstag auf den Mittwoch wurden alle 2 Stunden Puls, Blutdruck und Temperatur gemessen. Ich trug einen Katheter, hing an einem Tropf, hatte eine Drainage im Bauch, um das Wundwasser abzuführen.

Mi, 21. - So, 25. Okt.: Die Tage darauf

Am Mittwoch musste ich bereits aufstehen und etwas herumspazieren, aber ich habe fast den ganzen Tag durchgeschlafen. Ich war kaputt. Am Donnerstag ging es etwas besser, aber ich hatte Mühe, mich zu konzentrieren. Es war undenkbar, am PC etwas zu schreiben oder etwas zu lesen.

Die ersten SMS, die ich am Mittwoch und Donnerstag verschickte, waren voller Fehler. Alles was vorher automatisch ablief, machte ich verkehrt oder wusste nicht mehr, wie es geht. Auch das Lesen bereitete Mühe. Die Brille passte nicht mehr zu den Augen. Nach ein paar Lesezeilen verdrehten sich die Augen und ich musste das Computerheftli weglegen. Ich habs auch mit dem "Blick" (BILD der Schweiz) versucht, aber sogar diese billige und wegen der grossen Buchstaben einfach zu lesende Zeitung, hat mich überfordert. In der Folge verbrachte ich die folgenden Tage im Bett oder spazierte im Gang des Spitals auf und ab.

Der körperliche und geistige Aufschwung bahnte sich am Samstag 24. Okt. an. Ich schlief nicht mehr soviel, sah erstmals TV, hörte Radio, begann zu lesen und die ersten handschriftlichen Notizen für diesem Bericht zu schreiben.

Montag-Nacht, 26. Okt. um 21:45: Alles Leben wich aus mir und ich fühlte mich wie Neugeboren

Schmerzen sind in der heutigen Chirurgie kein Thema mehr. Mit dem Schmerzmittel Dafalgan steht ein wirksames Medikament zur Verfügung. Man "leidet" höchtens unter unangenehmen Nebenerscheinungen und Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit wie Katheter, Infusionen, Spritzen, oder eben.......

.... wenn der Bauch zu platzen drohte, weil ich fast 1 Woche nicht konnte. Ich konnte zwar Luft ablassen, aber nicht mehr. Ich fühlte mich schwanger, wusste aber, dass meine Haut für solche Gewaltstaten nicht mit den nötigen Hormonen ausgestattet war. Aber dann spät Abends spürte ich in mir, wie die ersten Wehen einsetzten und ich endlich nach ziemlich genau 1 Woche "kalberte".

Bis dahin war es ein weiter Weg. Viel spazieren, viel trinken, Tabletten .... und der Bauch wurde immer dicker und härter. Aber an diesem Montag Morgen entschlossen sich die Ärtzte, mir einen ersten kleinen Hammer zu verabreichen und dazu musste ich 1 Liter Wasser ohne Sprudel etwas mit Sirup gesüsst trinken. Darauf spazierte ich im typischen Schwangerschaftsgang von einem Bein aufs andere schwingend den Gang auf und ab, bis es dann spät abends klappte.

Di, 27. Okt: Positives Resultat der Gewebeproben — Mein neues Leben beginnt

Ein absoluter Höhepunkt geschah am folgenden Tag, Dienstag, 27. Okt. um etwa 17 Uhr, als mich Prof. A. Bachmann darüber informierte, dass in den bei der Operation genommenen Gewebeproben keine Krebszellen gefunden wurden. Somit hätte man bei der Operation alle krebsartigen Gewebe erwischt und herausgeschnitten. Der Stationsarzt Dr. Robert Malokti bekräftigte am Tag darauf, dass der Bericht aussergewöhnlich sei und ich mir eine gute Flasche Champagner öffnen könne, denn man habe nicht einmal in den sicherheitshalber mit-herausoperierten Lymphknoten Krebszellen gefunden. Erst in diesem Moment habe ich realisiert, wie entscheidend die letzten Tage und Wochen für mein zukünftiges Leben sein sollten. Es lief mir ganz kurz kalt den Rücken runter, als ich realisierte, wie nahe doch "sein oder nicht sein" beieinander sind. Aber dann erwachten in mir neue wunderbare Pläne für die nächsten Jahre. Ich begann zu träumen.

Mi, 28. Okt.: Eidg. Staatsexamen

Angehende Aerzte werden nach einem mehrjährigen Studium nach bestandenem Eidg. Staatsexamen zu Doktoren promoviert. Heute am Mittwoch, 28. Okt. stand die letzte der insgesamt 18 Prüfung des 2009-Studenten-Jahrgangs auf dem Programm. Ich war dabei eine Fallstudie für die Medizin-Studentin Andrea Soler. Ihre Experten waren Prof. Dr. A. Bachmann, mein behandelnder Urologe, und sein Facharzt-Kollege Dr. med Martin Flückiger.

In einem ersten Schritt musste Frau Soler den Kontakt zu mir finden, mich untersuchen und möglichst viel in Bezug auf meine aktuelle Erkrankung aus mir herausholen. Anamnese sagt man dem. Im Zweiten Schritt wurde sie in meinem Beisein von den beiden Professoren über Prostata-Diagnosen, -Heilungsmethoden etc ausgefragt. Sie kamen dabei auf hochinteressante Themen wie die Qualität und Interpretation der PSA-Werte, aber auch zu anderen Krebs-Indikationenswerte wie CEA beim Darmkrebs, bis zu Fisteln und Hämoriden zu sprechen. Wusstet ihr, dass sich 15% der im Unterleib operierten Männer sich wegen Gewebeschwäche einen Leistenbruch einhandeln?

Die Studentin Andrea Soler machte für mich einen kompetenten Eindruck, aber ihre Nervosität und Stress waren sichtbar. Als sie dann bei mir zeigen musste, wie man einen Leistenbruch diagnostiziert, zitterten ihre eiskalten Hände. Man sah, es ging bei ihr um "sein oder nicht sein".

Zwei Stunden später kam Andrea Soler strahlend als Frau Dr. Andrea Soler bei mir nochmals vorbei und bedankte sich mit warmen Händen.

Mo, 2. Nov.: Dichtigkeitsprüfung meiner neuen Verbindung Harnblase zu Harnröhre

Bald war es soweit. Nur noch wenige Hürden waren zu nehmen, um nach Hause entlassen zu werden. Der Stationsarzt Dr. Bütikofer holte mich früh am Nachmittag ab zur Dichtigkeitsprüfung der neuen Verbindung zwischen Blase und Harnröhre. Dazu musste ich mich unter ein grosses Röntgengerät mit Fluoreszenz-Zusatz legen. Dann wurden mir durch das Katheter Kontrastmittel in die Blase gefüllt. In der Zwischenzeit war auch der Chefarzt PD Dr. Stephen Whyler dazugestossen.

Ueber einen Gross-Bildschirm konnten Sie direkt neben mir stehend meine "Innereien" beobachten. Es war Ruhe im Untersuchungsraum. Nur die Maschine klickte. Beide Ärzte schauten sich an. Pressten noch etwas Flüssigkeit in meine Blase. Dann musste ich mich noch etwas drehen. "Sensationell" meinte Dr. Whyler begeistert "einfach Sensationell". Beide Ärzte waren sichtlich begeistert, denn nach meiner schweren Operation, in der meine Blase an die Harnröhre angepasst werden musste, war dies nicht unbedingt zu erwarten. Und ohne dass ich es realisierte, war das Katheter draussen und ich stand erstmals seit 2 Wochen unten ohne da und musste nicht auf meinen heraushängenden Schlauch aufpassen. "Ja, Herr Lehmann, damit können wir sie morgen nach Hause entlassen."

Etwa 2 Stunden später passierte die 2. Sensation: Ich konnte wie früher pinkeln, und auch den Pipi-Strom unterbrechen. "Ich solle aber dennoch weiter meinen Beckenboden trainieren, damit ich auch nachts keine unangenehmen Probleme haben werde" meinte Dr. Whyler, sichtlich erfreut über den Erfolg mit meiner Operation: "Es ist nicht das WIE entscheidend, sondern das Resultat" meinte er anspielend auf die lange Operation.

April 2010: Mein Gesundheitszustand 6 Monate später
(Den nachfolgenden Abschnitt veröffentliche ich auf Anraten einer Bekannten, nachdem ich ihr und ihrem Freund mit meinen Gedanken und Erfahrungen geholfen hatte.)

6 Monate nach der Operation war mein erster medizinischer Check fällig. Der PSA-Wert betrug 0.02, ein wunderbares Resultat. Ich bin auf gutem Wege, gesund zu sein. Mir geht es blendend.

Ein kleiner Wehrmutstropfen: Meine Erektionsfähigkeit funktioniert trotz Hilfen mit Viagra nicht mehr. Obwohl ich den Sex in der ganzen Bandbreite geliebt und auch ausgeübt hatte, habe ich mich damit recht problemlos abgefunden. Wichtig für mich war primär die wiederhergestellte Gesundheit und dann die Inkontinenz. Grauenhaft, wenn ich das Wasser nicht mehr hätte halten können und Windeln brauchen müsste. Zudem war ich mir bewusst, dass irgendwann auch bei mir altershalber die normale Erektionsfähigkeit abbauen und zu Ende gehen wird.

Es gibt aber trotzdem etwas positives und erfreuliches zu berichten: Die sexuellen Gefühle und Lust blieben gleich wie vorher. Einzig mit der Potenz happert es. Ich kann sogar Masturbieren, wie vorher bis zum vollen "trockenen" Orgasmus. Vielleicht dauert es etwas länger, ich spritze auch nicht mehr, aber es kommt mir zur vollen Befriedigung.

Paare im fortgeschrittenen Alter kann ich beruhigen. Erotik ist weiterhin möglich. Es hängt jedoch von der Partnerin ab, dass sie gewisse Einschränkungen akzeptiert und bereit ist, Neues zu entdecken. Der Mann kann seine Partnerin mit Fingern, Zunge oder Dildo befriedigen und sie kann auch ihn zur Ekstase bringen. Ein grosser Teil der Sex-Praktiken funktionieren wie bis anhin. Die Ablehnung ist die Hauptangst beim Mann, weil er endgültig nicht mehr kann. Vorher war es die Angst vor dem Versagen.

Ich habe mich damit abgefunden, denn ich lebe und geniesse mein neugewonnenes Leben in vollen Zügen. Aber ich gebe zu, manchmal bin ich etwas traurig, wenn ich an vergangenes denke. Dann werde ich mir aber auch bewusst, es gibt schlimmere Krankheiten, wenn ich nur an die Invaliden denke, an die Blinden, an die Depressiven, an die Bettlägrigen und an die Todgeweihten.

 

Sept. 2014: Mein Gesundheitszustand 5 Jahre später

Mein Hausarzt erklärt mich als geheilt und gesund. Die PSA-Werte blieben bei ungefähr 0.02. Ich bin glücklich.

 

Mail an Max Lehmann Jump to (1 kB)

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