27. Feb. 2012: COOP’s Vorstoss zur Reduktion der Zoll-Einfuhrfreigrenze

Die schlechten Nachrichten aus der Schweiz hören nicht auf. Uebers Internet habe ich die Möglichkeit, Radio- und Fernseh-Sendungen der Vortage zu hören und zu sehen. So vernehme ich in der gestrigen Sendung „10 vor 10“ des Schweizer Fernsehens (27. Feb. 2012), dass der Schweizer Detailhandelsriese COOP via den freisinnigen Parlamentarier Peter Malama einen Vorstoss im Schweizer Parlament veranlasst hat, die Zollfreigrenze für Einfuhren von bisher SFr. 300.– auf SFr. 100.– zu senken, um dem Einkaufstourismus der Schweizer im Ausland einen Riegel vorzuschieben.

Dazu habe ich am 28. Feb. dem Grosshandelsriesen COOP (medienstelle@coop.ch) und dem Parlamentarier Peter Malama (peter.malama@parl.ch), seines Zeichens ein liberaler/freisinniger Politiker aus Basel das nachfolgende eMail geschickt:

Sehr geehrte Damen und Herren

Den Winter verbringe ich in der Wärme in Thailand und hörte soeben über Internet-Fernsehen von Ihrem Anliegen, die Zollfreigrenze für Einkäufe im Ausland auf Fr. 100.– zu reduzieren.

Zuerst dachte ich an einen Fasnachts-Scherz, aber dazu ist das Thema oder das Anliegen viel zu ernst. Ich weiss nicht, welche Berater sie auf diese Idee brachten. Schlimm ist es, dass Sie diesen Vorstoss überhaupt in die Wege leiteten. Sie ruft bei mir nur Kopfschütteln hervor. Begeben Sie sich nun auch auf den schmalen Pfad des Populismus oder noch schlimmer des Kommunismus, indem Sie eine künstliche Mauer um die Schweiz aufbauen wollen? … und dies als ehemaliger Konsumverein? Und Sie Herr Peter Malama bieten als Liberaler Politiker dazu Hand?

Ich denke und diese rate ich auch der COOP-Gruppe, ihre Hausaufgaben selber zu machen, ohne Hilfe staatlicher Eingriffe. Vielleicht mit einem guten Service? Vielleicht mit besserem Einkauf aus dem Ausland? Vielleicht mit Preisen, die nicht mehr so weit von denen im Ausland sind?

Schlussendlich können Sie mit solchen Einschränkungen und solchen kundenunfreundlichen Vorstössen keine Kunden dazu veranlassen, bei Ihnen einzukaufen. Merken Sie sich: Der Kunde ist König! Er wird entscheiden, wo und wie er sein Geld ausgibt.

Wieviele Kunden mögen Sie wohl mit diesem Vorstoss verloren haben?

In diesem Sinne hoffe ich auf eine Wende zu liberalerem und kundenfreundlicherem Gedankengut.

Ihr Max Lehmann

bis zum 15. März in Thailand (Hua-Hin)

Antwort von Peter Malama vom 29.Feb.2012

Sehr geehrter Herr Lehmann

Herzlichen Dank für Ihr mail und Ihre ausführlichen Ueberlegungen, die ich natürlich aus freisinniger Sicht teile. Bei meiner Anfrage geht es auch ausschliesslich um die Frage des Erhalts von Arbeits- und Ausbildungsplätze / Lehrstellen und nicht um Fragen wie Bürokratie, MWST- und Personalbestandserhöhung usw.

Diese Anfrage habe ich in Absprache mit Herrn BR Schneider-Ammann an den Gesamtbundesrat gerichtet. Die Antwort erwarte ich am nächsten Montag. Ob aus der Antwort des BR ein Handlungsbedarf in Richtung politischer Vorstoss wird, werden wir ja dann sehen.

Gerne hoffe ich, Ihnen mit dieser Sicht der Dinge zu helfen und verbleibe

mit freundlichen Gruessen

Peter Malama

War dies eine gute Antwort, von jemandem der hinter seiner Meinung steht? Versteckt sich da nicht Einer hinter dem Anderen?

Antwort von COOP, Charlotte Bühler vom 1. März 2012

Sehr geehrter Herr Lehmann

Vielen Dank für Ihre Mitteilung, die wir am 28.2.2012 erhalten haben und dafür, dass Sie uns Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

Es ist uns wichtig festzuhalten, dass gewisse Aussagen im Bericht der Sendung 10vor10 falsch waren. So will Nationalrat Peter Malama unabhängig von Coop einen Vorstoss zur Senkung der Freigrenze einreichen und hat diese Forderung schon vor längerer Zeit beim Bundesrat deponiert. Es gibt keinerlei Absprachen zwischen Coop und Herrn Malama, geschweige denn Aufträge von Coop. Des Weiteren ist die Senkung der Freigrenze von 300 auf 100 Franken Forderung von Nationalrat Malama, nicht von Coop. Wir haben nie eine Ziel-Freigrenze von 100 Franken gefordert.

Im Kampf gegen die Hochpreisinsel setzen wir alles daran, Preisdifferenzen zum Ausland zu vermeiden bzw. diese möglichst klein zu halten. Und dies mit Erfolg. Alleine im letzten Jahr haben wir Preissenkungen von rund CHF 350 Millionen vorgenommen und bei über 4500 Artikeln die Preise gesenkt. Dies führte zu einer Minusteuerung, die bei Coop im 2011 über das ganze Sortiment 4,2 % betrug. Insgesamt hat Coop in den vergangenen sieben Jahren über CHF 1,4 Mrd. in tiefere Preise investiert und damit aktiv dazu beigetragen, dass sich das Preisniveau in der Schweiz den Nachbarländern angeglichen hat.

Mit selektiven Auslistungen von Markenartikeln haben wir im 2011 zudem ein starkes Signal im Markt gesetzt, das zahlreiche multinationale Hersteller zum Einlenken bewegte und die Preise senkten. Davon profitiert haben neben den Kunden auch unsere Mitbewerber.

Coop setzt wirklich alles daran, dass Kundinnen und Kunden weiterhin Coop als ihren bevorzugten Einkaufskanal wählen, da wir nach wie vor beste Qualität mit Mehrwert für Mensch, Tier und Umwelt in attraktiven Verkaufsstellen mit kompetenten und freundlichen Mitarbeitenden anbieten möchten und uns dabei auch unserer Verantwortung für die rund 70’000 Arbeitsplätze bewusst sind und diese auch erhalten möchten.

Selbstverständlich werden wir auch 2012 weiter mit unseren Lieferanten intensive Preisverhandlungen führen und die Preise weiter senken. So haben wir erst Ende Januar 2012 die Preise bei 250 weiteren Produkten der Coop Eigenmarke gesenkt. Käse, Eier, Essig, Öl, Mayonnaise, Senf und Tierbedarf gibt es seither durchschnittlich 7% günstiger.

Neben den eigenen kommerziellen Anstrengungen für tiefere Preise setzt sich Coop im Interesse ihrer Kundinnen und Kunden und zu Gunsten des Erhalts von Kaufkraft und Arbeitsplätzen in der Schweiz für den für gute wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen ein. Darunter fallen eine glaubwürdige Währungspolitik, ein griffiges Kartellrecht und eine Wettbewerbsbehörde, die bei Marktmachtmissbräuchen von multinationalen Lieferanten konsequent einschreitet.

Auch müssen – als entscheidender Schritt gegen die Hochpreisinsel Schweiz – ungerechtfertigte Handelshemmnisse eliminiert werden. Das heute gültige Cassis-de-Dijon-Prinzip hat zu viele Ausnahmeregelungen, die zu einer Verteuerung der Waren in der Schweiz führen. So erwarten wir beispielsweise von der Behörde, dass Parallelimporte durch den Wegfall der restriktiven Produktionsland-Deklarationsvorschriften für Produkte aus der EU wesentlich vereinfacht werden.

Mit der Äusserung zur Freigrenze wollten wir eine politische Diskussion anstossen und auf das Problem der Schlechterbehandlung der Schweizer Kundschaft aufmerksam machen. Denn Coop setzt sich ein für Kundinnen und Kunden, die in der Schweiz einkaufen. Es ist nicht fair, dass Sie auf Produkten aus dem Ausland Mehrwertsteuern und Zölle zahlen und dadurch deutlich mehr belastet werden, als Kunden, die im Ausland einkaufen. Es geht Coop also darum, unter der gegebenen Wechselkurssituation gleich lange Spiesse im Wettbewerb zu haben wie die ausländischen Konkurrenten. Denn Coop muss ab dem ersten Franken alles verzollen.

Nun hoffen wir, dass Sie diese Informationen in Ihre Überlegungen mit einbeziehen können und vielleicht Coop trotzdem hin und wieder als Ihren Einkaufskanal wählen werden, wenn Sie aus Thailand zurückgekehrt sind.

Freundliche Grüsse

Coop

Charlotte Bühler

Leiterin Konsumentendienst

Mitglied des Managements

Hauptsitz

Bemerkung: Die herausgehobenen Stellen stammen von mir und sind im Original-Brief nicht enthalten.

Erstaunlich diese Reaktion von COOP. Im zweiten Abschnitt eine totale Abgrenzung zum erwähnten Beitrag im Schweizer Fernsehen, dann der Standard-Text über Preis-Aktivitäten und ganz um Schluss gibt man doch zu: „Mit der Äusserung zur Freigrenze wollten wir eine politische Diskussion anstossen und auf …..“

Zwiespältig bleibt aber auch die Sendung des Schweizer Fernsehens. Hat da etwa das Schweizer Fernsehen einmal mehr tendenziös und ohne grosse Recherche über etwas berichtet? Wie etwa auch in der Sendung „Rundschau“ am 21.12.2011 ueber das „Thailändisches Altersparadies (in Hua-Nin)“, die in ganz Hua-Hin nur Kopfschütteln auslöste?

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