Foto aufgenommen aus meinem Schlafzimmer

10.-21. Juli 2015: zum 3. Mal im Kosovo ... Ramadan und Bajram
(Teil meiner Autobiografie "Ich habe gelebt !" Letzte Aenderung: 4. Aug. 2015)


Karte Kosovo - Albanien

Nach 2003 und 2007 machte ich mich dieses Jahr zum dritten Mal auf in den Kosovo zu den Schwiegereltern meiner Tochter Daniela, die zu dieser Zeit mit ihrem einheimischen Mann Eshref und Familie in Sushica in den Ferien weilte. Dazwischen gab es als Ueberraschung einen 3-tägigen Ausflug nach Velipoj in Albanien mit Ferien am Meer.

Die 10 Tage waren ein körperlicher und geistiger Kraftakt. Ich wurde fast täglich gefordert, sei es durch 3-maliges warmes Essen, das mir zwar ungemein geschmeckt hat, aber meiner Figur gar nicht gut tat, oder die Besuche von und durch Verwandte, die mich alle begrüssen wollten. Sie meinten es ja alle gut mit mir. An nichts sollte es mir fehlen. Vorallem sollte es mir nie langweilig werden.

An den ersten beiden Tagen war es im Kosovo überraschenderweise recht kühl, kam ich doch aus dem heissen Istrien. Auch tagsüber stieg das Thermometer auf max. 25 °C. Später stieg dann die Temperatur auf die erwarteten 35-37°C. Ich brauchte kein warmes Pijama mehr.

Bei jedem meiner bisherigen Kosovo-Aufenthalte habe ich irgendetwas spezielles erlebt. Dieses Jahr war ich Mitten im Ramadan und dem abschliessenden Bajram-Fest im Kosovo. Ein ganz neuer Einblick in eine mir fremde Religion und Kultur.

Die Gastfreundschaft war wiederum einmalig. Deshalb versprach ich, in spätestens 3 Jahren wieder zu kommen, es sei denn, der Sohn von Enver heiratet früher. Dann will mich Enver mit einem Einsatzwagen der Kosovo-Polizei und Blaulicht am Flughafen abholen. Ein solches Angebot darf ich bestimmt nicht ablehnen.

Die Haupt-Darsteller meiner Geschichte

Hauptrollen in meiner Geschichte hatte die Familie meiner Tochter Daniela, die ihre Sommerferien im Kosovo verbrachte. Wie alljährlich lebten sie im Dorfe Sushica unweit der Hauptstadt Pristina bei ihren Schwiegereltern.

Die Eltern von Eshref
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Gani, Vater von Eshref Elfete, Mutter von Eshref
Familie Daniela und Eshref Krasniqi-Lehmann
Eshref Daniela Anina Leon

Etwas über den Kosovo und Albanien

Die albanischen Kosovaren und Albaner sind Blutsverwandte. Sie sprechen dieselbe Sprache, wobei die Albaner eine Art "Hoch-Albanisch" sprechen, die Kosovaren eher ein "Bauern-Albanisch" (=Dialekt). Beide Länder sind arm. Es fehlt an exportierender Industrie. Sie haben eine Arbeitslosenquote von gegen 50%. Beide Länder sind unsicher für Investoren wegen der herrschenden Korruption und mafiosen Kriminalität. Bei der Bevölkerung merkt man jedoch nichts davon. Sie sind äusserst hilfsbereit und gastgeberisch.

Trotz der hohen Arbeitslosigkeit geht es den kosovarischen Familien nicht allzu schlecht, denn hier gilt noch das Familienleben und die Regel "Einer für alle, Alle für Einen". In jeder Familie arbeitet der eine oder andere Mann in den reichen Gegenden Europas und schickt einen grossen Teil seines Verdienstes nach Hause. Auf diese Weise können sie überleben. Man sieht wenige alte, baufällige Hütten, weil viele Häuser mit den Geldern der Auswärtigen aus eigener Kraft Schritt für Schritt neu gebaut werden. Bereits nach kurzer Zeit sind die Häuser bewohnbar, auch wenn der Aussenverputz fehlt.

Flug und Landung in den Kosovo
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Flugplatz Pristina Gepäckband Flugplatz Pristina: Emfangskomitee
v.l.n.r.: Leon, Daniela, Anina, Eshref

Flug in den Kosovo von Ljubljana nach Pristina

Es war ein Zufall oder Geistesblitz, dass ich auf die Idee kam, von Ljubljana aus in den Kosovo zu fliegen. Von Istrien aus sind es nur 2 Stunden mit dem Auto, um auf den Flugplatz zu gelangen. In den vergangenen Jahren war es mir einfach zuviel, um für den Flug in den Kosovo in die Schweiz zurückzufahren. So wurden es 8 Jahre, seit ich das letzte Mal im Kosovo war. Ein Dankeschön an meine slowenischen Freunde Ida und Matjaz M.(=Bär), in deren Garage in Ljubljana ich mein Auto während meiner Kosovo-Reise abstellen durfte.

Am Freitag, 10. Juli startete ich ab Flughafen Ljubljana mit der Adria Airways in Richtung Kosovo. Nach fünfviertel Stunden Flug landete ich bereits auf dem Flughafen Pristina, wo ich von meiner freudestrahlenden Familie begrüsst und abgeholt wurde. Dann ging es nach Sushica, dem kleinen Dörfchen oberhalb Gracanica unweit von Pristina, wo der ganze Familien-Clan Krasniqi in mehreren Häusern wohnt.

Wohnhaus in Sushica

Im obersten Stock ihres Hauses durfte ich in einem frisch mit Parkett belegten Zimmer schlafen. Ein breites King-Size Bett mit neuem Kleiderschrank vervollständigte die zweckmässige Einrichtung. Später wird dies das Zimmer von Leon. Auch das Internet funktioniert bestens. Für mich DeLuxe-Ferien.

Seit meinem letzten Aufenthalt im 2007 hat sich im Kosovo viel verändert. Schöne Strassen, sogar Autobahnen lassen den Verkehr gleichmässiger fliessen. Stockungen sind seltener geworden. Die grossen Kasernen-Anlagen der KFOR und der USA zwischen dem Flugplatz und Pristina sind verschwunden. Eine davon wurde von der Kosovo-Armee UCK übernommen. Aus dem Land der Bauern und Landwirtchaft, wurde eine modernes Land, dem einzig die Industrie fehlt.

Die modernen Shopping-Centers rund um Pristina
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Maxi Einkaufszentrum High Heels

Bereits am Tag nach meiner Ankunft war Shopping angesagt. Zuerst Lebensmittel und dann einen Tisch für den neuen Sitzplatz. Ich habe vorgeschlagen, dass wir doch vermehrt im Freien Essen sollten. Ein Platz war vorhanden, nur die Möbel fehlten. Lebensmittel fanden wir schnell in einem der neuen Shopping-Centers. Der alten Bauernmarkt mitten in Pristina hat seine Bedeutung verloren. Dies ist schade, denn er hatte seinen spezielles Flair.

Lebensmittel in Shoppings-Centers
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Einkauf im Shopping Center Paprikas im ShoppingCenter

Beim Pergola-Tisch und den Stühlen war es schon schwieriger. Aber dank 3-für-2-Ausverkauf konnten wir 6 Stühle zum Preise von 4 Stühlen, und 9 Polster zum Preise von 6 kaufen. Einen geeigneten Tisch fanden wir nicht, denn der soll erst gekauft werden, sobald der Sitzplatz zu Ende gebaut ist.. Wir erinnerten uns aber an den Tisch, den ich vor Jahren Daniela schenkte und im alten Haus noch stand. Er passte wunderbar auf den Sitzplatz und bildete bald den Mittelpunkt des Familienlebens.

Beim Einkauf trafen wir auch en paar Schweizer KFOR-Soldaten. "Es sei ein goldiger Käfig, in dem sie wohnen". meinten sie. "Die Hälfte der 6 Monate hätten sie bereits hinter sich und freuen sich aufs zu Hause."

Ställe und Strassenschilder
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Strassenschild Sushica Stall

Was ist mir im Kosovo speziell aufgefallen? Was hat sich seit dem letzten Mal verändert?

Essen im Kosovo

Im Kosovo ticken die Uhren noch etwas langsamer und vorallem anders. Man isst mehrmals am Tag und schliesst jedes Essen mit dem speziellen russischen Tee in kleinen Gläsern ab. Wobei es nicht bei einem Glas bleibt, sondern in mehreren ausartet. Ich bin süchtig nach diesem gesüssten Tee, wobei ich immer noch Zitronensaft beifüge.

Russischer Tee
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Russischer Tee Gani Russischer Tee Max

Vor dem Essen wäscht man sich immer die Hände. Dies ist im Kosovo ganz normal. Wie verhält man sich dabei eigentlich in der Schweiz? Früher als Kind mussten ich immer die Hände waschen. Aber heute? Ich gebe zu, bewusst gehe ich nie meine Hände waschen. Ich gehe davon aus, dass sie sauber sind, es sei denn, ich machte mir die Hände schmutzig.

Als ich das erste Mal im 2003 im Kosovo und zu Besuch bei einem Onkel von Eshref war, sassen wir Männer wie üblich im Wohnzimmer zusammen und plauderten und rauchten. Nach einiger Zeit kam ein jüngerer Sohn des Hauses mit einem Wasserbecken und Handtuch in den Raum. Da ich der Gast war, kam er direkt auf mich zu. Ich wusste nicht, was ich tun sollte und dachte an die Fusswaschung von Jesus an seinen Jüngern, realisierte aber in letzter Sekunde, ich wollte bereits meine Füsse hinstrecken, dass der Eimer etwas hoch und eher ans Hände waschen gedacht war. Noch heute lachen wir über diese Situation, denn um ein Haar hätte der Junge sein Gesicht gegenüber einem Älteren verloren.

Die Kunst des Paprika-Essens
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Paprika-Essen in Sushica Paprika-Essen durch Eshref

Hier im Kosovo ist es aus Sicht der Hygiene wichtig, dass man die Hände wäscht, denn man isst ohne Besteck mit den Fingern. Man reisst sich Stücke vom Brot und schöpft damit direkt von den gemeinsamen Tellern und Platten in der Mitte des grossen Tisches. Mit einem Stück Brot nimmt man etwas von der Rahmsauce oder dem Quark. Es gibt Hühnchenfleisch an Reis, Kartoffeln oder Gemüse. Dazu saure Essiggurken aus eigener Küche. Rührei, Feta-Käse, Long-Frischkäse. Gedämpfte Peperonis an Rahm hebt man am Stiel hoch und versucht sie so von oben in den Mund zu bringen, damit man sie abbeissen kann. Ich hatte ein paar Mal das Pech und der Rahm tropfte zwar nicht ins Auge, aber auf meine Hose und Leibchen.

Meist trinkt man zum Essen reines kaltes Mineral-Wasser oder Wasser einer nahen eigenen Quelle. Auch ich habe da mitgemacht, denn es ist eher unschicklich, ein Bier zu trinken. Während des Ramadams ein Affront.

Essen im Kosovo
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Essen in Sushica Essen im Kosovo

Am Morgen früh nach dem Aufstehen gibt es als erstes Kaffee mit Gebäck oder Süssigkeiten. Das erste richtige warme Essen, genannt Frühstück, ist etwa um 9 Uhr. Die Bauern haben da bereits ein paar Stunden gearbeitet. Das Zweite im Laufe des Nachmittgs und das Abendessen um etwa 20 Uhr. Diese 3 oder 4 Malzeiten haben mir nicht allzu gut getan. Abends war mein Magen immer bumsvoll. Ich habe bestimmt etwa 2-5 kg Körpergewicht zugenommen.

Ramadan und Bajram

Einmal im jahr findet mit dem Ramadan die 30 tägige Fastenzeit der Muslime statt. Er ist nicht immer zur selben Zeit. Er verschiebt sich jährlich um 2 Wochen rückwärts. In dieser Zeit dürfen die Muslime bei Tag nichts essen, trinken oder rauchen, aber auch keinen Sex haben. Einzig küssen und schmusen dürfen Verheiratete. Abends bei Sonnenuntergang bevor es Nacht wird dürfen sie erstmals wieder zulangen und essen.

Mein Kosovo-Aufenthalt fiel in die letzten Tage des diesjährigen Ramadans. Die Moslems hier im Kosovo sind nicht so streng gläubig. Viele haben eine Ausrede, um nicht fasten zu müssen. Sei es der Blutdruck, Schwindel, strenge Arbeit, Kopfweh oder eben auch nur Faulheit. Die Mutter von Eshref lebte den Ramadan dieses Jahr aus. Sie ass und trank tagsüber nichts, trotz der Hitze. Erst Abends nach Sonnenuntergang etwas um 20:20 Uhr durfte sie Trinken und Essen. Wie sie es mit ihren Tabletten machte, die sie mehrmals täglich zu sich nehmen sollte? Eine harte Sitte. Diese Zeiten des Sonnenauf- und Untergangs sind in einem Ramadan-Kalender vermerkt, der in jeder Familie bereit liegt. Das Ess-Verbot kann ich verstehen, aber das Trink-Verbot in der heissen Sommerzeit? Ein alter Kosovare hat mir dafür eine Erklärung gegeben: "Der Gläubige soll sich daran gewöhnen, dass es von Zeit zu Zeit zur Wassersnot kommen könne, weil es lange Zeit nicht regnet."

Der Abschluss des Ramadan wird mit dem Bajram, dem Fastenbrechen gefeiert. Er ist der höchste Feiertag der Muslime. Am Tag vorher beginnen die Vorbereitungen. Die Frauen kochen und backen noch in der Ramadan-Zeit, dürfen aber nichts probieren und kosten, denn es herrscht immer noch Ess-Verbot!. Zu meinen Ehren hat der Vater von Eshref einen Truthahn geschlachtet. Dies war eine besondere Ehrerbietung gegenüber mir als Vater von Daniela. Ich durfte ihn auslesen und entschied mich für den, der sich am schönsten "aufblusterte" ... und dann wurde ihm der Kopf abgeschlagen. 8kg essbares Fleisch brachte er auf die Waage. Wir assen tagelang daran. Sein Fleisch war zart und er schmeckte wunderbar.

Köstlichkeiten zum Bajram
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Truthahn Süssigkeiten am Bajram

Am Freitag, 17. Juli kam endlich der Tag des Bajrams. Am Morgen früh gingen die Männer sonntäglich gekleidet in die Moschee. Anschliessend begann die Zeremonie der Beglückwünschungen. Alle gratulierten einander zum Festtag. Gegenseitig besuchte man sich und beglückwünschte sich, als wäre man neu geboren. Dazu gab es überall Süssigkeiten aller Art. Daniela machte eine wunderbare Kirschen-Torte (selbstverständlich ohne Schnaps) und ein Waldbeeren-Tiramisu. Von einer Tante erhielten wir das obersüsse Baklava, eine Balkan-Spezialität. Ich mag Süsses und wurde während des Tages mehrmals damit beglückt, aber am Abend musste ich ablehnen. Es wurde mir zuviel.

Besuche zum Bajram
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Besuch von Gafur und Sheide
Besuch von Gafur und Sheide
Süssigkeiten am Bajram
Leon geniesst Baklava

Einer unserer Ausflüge führte uns ins Schiffrestaurant Anija in Metalaz unweit von Sushica. Ein kühne Anlage mit einem Schiff auf künstlichem See. Erwähnenswert ist dieser Ausflug, weil wir Lust auf ein Eis hatten. Es gab jedoch nur Portionen mit 3 Kugeln. Der Not gehorchend bestellte jeder von uns 1 Portion. Zum Schluss kam die Rechnung. Eshref opferte sich: 9 Euro für alle 9 Portionen!

Schiffsrestaurant Anija in Metalaz
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Gruppenbild im Restaurant Anija Eshref und Daniela im Anija

Sonntag, 12. Juli: Auf nach Albanien

Es war eine Ueberraschung, die mir Daniela und Eshref bereiteten: 3-4 Tage Badeferien im albanischen Velipoj unweit von Shkoder (siehe Karte oben). Am Sonntag, 12. Juli wollten wir starten.

Jedoch am Tag vor der Abfahrt gab es kein Wasser, nicht nur im Hause sondern in der ganzen Umgebung. Kein Wasser für die Dusche, und was noch schlimmer war, kein Wasser für die WC-Spülung. Eine mittlere Katastrophe, denn im Gegensatz zu Thailand haben die Häuser hier keine Wassertanks mit Pumpe.

Jeder hielt sich zurück. Als ich abends ins Bett ging, schlich ich mich verstohlen ins WC, um Pipi zu machen. Einmal konnte man noch spülen. Eshref meinte, ob es eine Vermutung war, weiss ich nicht, dass verdächtige Personen beim zentralen Wasser-Reservoir, einem grossen See zwischen Gracanica und Gijlan gesehen wurden. Man hatte Angst vor Vergiftung des Trinkwassers durch Terroristen!

Am Sonntag-Morgen früh herrschte Freude, denn es floss wieder Wasser. So mussten wir nicht stinkend abfahren. Wir starteten bereits um 05:30, denn Eshref befürchtete grossen Stau an der Grenze zu Albanien. 103 km war es bis dorthin, aber weit und breit kein Stau. Die Zollabfertigung am Grenzort Kukes ging flott vor sich, obwohl viele Kosovo-Albaner in Bussen und Autos ans Meer fuhren. Von Sushica bis Velipoja betrug die Distanz total 300 km. In 4 Stunden haben wir den Weg zurückgelegt und dazwischen einen Kaffee-Halt eingeschaltet.

Fahrt nach Albanien
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Autobahn Kosovo Der Hyundai von Eshref

Unzählige Busse fuhren vom Kosovo ans Meer. Wie ich von einer Tante von Eshref vernahm, existierten Angebote von 138 Euro für die Fahrt inkl. 10 Tage Hotel mit Vollpension am Meer. Also weniger als 13 Euro pro Tag inkl. Fahrt.

Velipoj ist ein Dorf rund 23 km südlich von Shkoder in Nordalbanien. Es liegt an der Adriaküste unmittelbar an der Grenze zu Montenegro.

In Velipoj buchten wir in einem einfachen Hotel Gocaj, das nicht weit vom Meer entfernt war. Eshref und Daniela waren bereits ein paar Mal dort. 18 Euro fürs Zimmer ungeachtet der Anzahl Personen. Wir bezogen unsere Zimmer im 2. Stock mit etwas Blick aufs Meer. Ich hatte 1 Doppelbett und 2 Kajütenbetten, sowie einen kühlenden Kühlschrank. Die Klimanlage funktionierte, aber ich brauchte sie nicht, denn es war angenehm kühl in der Nacht. Fernseher gab es keinen mehr, denn der Halter an der Wand ist aus der Wand gebrochen. Die Matratzen waren schlecht. Ich hatte jeden Morgen Rückenweh. Die Dusche war ohne Wanne und spritzte direkt auf den Boden. Die Warmwasseranschlüsse an Dusche und Lavabo waren unterschiedlich montiert. Beim einen nach rechts und beim anderen nach links drehend. Das Hotel war nicht das gelbe vom Ei, aber es genügte für die 3 Nächste vollends.

Hotel Gocaj in Velipoj
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Innenhof im Hotel Gocaj
Max in Albanien

Nicht nur im Hotel, sondern fast überall in diesem albanischen Gebiet gab es Gratis-Internet in vernünftiger Qualität. Wie bereits erwähnt, das Meer war nicht weit vom Hotel entfernt. Ein paar hundert Meter bis zum grossen feinkörnigen dunklen Sandstrand. Er war km-lang und voller Sonnenschirme. Ich zählte 12 Reihen Sonnenschirme. 1 Sonnenschirm mit 2 Liegen kostete je Tag 4 Euro. Ich kam mir vor wie in Rimini und war etwas schockiert. Aber so sind eben Ferien am Meer für die meisten Leute. Ich bin verwöhnt von Solaris.

Der Tagesablauf sah vor, dass wir nach dem Aufstehen dem Strand entlang spazierten und einen Kaffee Machiato Grande zu uns nahmen. Unterwegs kauften wir Brötchen und Gipfeli, die wir dann am Meer als Frühstück assen. Ueber die Mittagszeit gingen auch wir zurück ins Hotel, denn es wurde um diese Zeit brütend heiss. Am ersten Tag habe ich mir aus Unvorsichtigkeit die Fussohlen im glühend heissen dunkelgrauen Sand verbrannt.

Essen in Velipoj
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Essen mit Eshref und Leon Max mit Poulet
Max mit Freundin Anina
Max mit neuer Freundin?
Mutter und Tochter

Alles hier unten war für mich als Schweizer spottbilllig. Ein gesüsstes Brötchen in Gipfeliform mit Nutella 40 Euro-Cents. 1 grosser Kaffee Macciatto 60-70 Cent. oder eine Glace-Kugel 35-30 Cent. Abends gingen wir ins nahe Sunrise-Restaurant wo wir u.a. Kalbs-Rumpsteak mit Pommes und Salat zu 7 Euro bestellten. Damit das Fleisch weich und geniessbar war, mussten wir es Medium bestellen, denn die Albaner mögen das Fleisch nur durchgekocht wie eine Schuhsohle. Wir bezahlten jeweilen abends für 5 Personen um die 40 Euro.

Auf dem Rummelplatz
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Milosevic als Schiessbudenfigur Der Alte mit seinen Enkeln
Der "Alte" mit seinen beiden Enkeln

Obwohl Velipoj ein grosser Ferienort ist, war der Vergnügungstrubel angemessen. Dennoch, die Albaner waren keine grossen Geschäftsleute. Es gab zwar einen abendlichen Rummelplatz mit Restaurants und Eisdielen, aber ich vermisste einen richtigen Markt mit Taschen, Leibchen, Kleidern, Badesachen, Souvenirs etc.

Auf der Scooterbahn
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Anina und Leon auf der Scooterbahn Anina und Leon auf der Scooterbahn

Was mich stark beeindrucke, war die Freundlichkeit des männlichen Servierpersonals in Albanien und auch im Kosovo. So etwas habe ich in der Schweiz oder dem nahen Deutschland nie erlebt. An allen Orten, an denen ich ass, wurde ich als Gast behandelt und beraten. Mehrmals wurde nachgefragt, ob es schmeckt oder wir eine Zugabe möchten. Ein Erlebnis besonderer Art hatte ich, als wie bei einem unserer Abendspaziergänge über den nahen Rummelplatz beim Eisverkäufer Halt machten. Ich bestellte 2 Kugeln Eis je eine Nuss und Stracciatella .... und er gab mir als Opa noch zwei Kugeln extra. Alles zusammen für 80 Cent.

Kämpfende Jugend
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Ballspiel Leon Ballspiel Anina

Ich habe wenig von Albanien gesehen und kann auch nichts über die Armut der Albaner sagen. Einzig am Morgen früh, bei unserem Morgen-Spaziergang sah ich wenige Meter neben dem Strand in einem kleinen Wäldchen eine grössere Gruppe Albaner-Familien (oder Romas?) mit etwa 10-15 Kindern und Erwachsenen, die hier unter den Bäumen am Boden schliefen. Ihre ganze Habe hatten sie in Tücher eingewickelt. Dies war Armut pur!

Die albanischen Männer sind eher schlank, die jungen Mädchen aussergewöhnlich hübsch, schlank, gepflegt und sehr weiblich. Ein Augenschmaus. Sobald sie aber verheiratet waren und geboren hatten, wurden sie Mamies und üppig.

Am Strand von Velipoj
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Leon eingegraben im Sand Leon der Champion

Das Wunder von Velipoj: Obwohl auch hier das Meer-Wasser salzig war, bewog mich Leon am 2. Tag, mit ihm ins Meer zu gehen und sogar ein paar Züge zu schwimmen. Ich konnte es ihm nicht abschlagen. Ich war bestimmt 20 Minuten im Wasser. Mein erster Kontakt seit ein paar Jahren. Ich gestehe, ich mag Salzwasser weniger. Aber noch weniger mag ich die nasse Badehose. So ein ekliges Gefühl! Dies hat nun für ein paar Jahre gereicht.

Am Strand von Velipoj
Strand von Velipoj

Rückfahrt am Mittwoch

Am Dienstag-Abend entschlossen wir uns, einen Tag früher nach Hause zu fahren. Wir wollten am nächsten Tag gemütlich frühstücken und dann zurückzufahren. Bald ist Ende des Ramadans. Bereits sind viele Gäste zurückgefahren. Es zog auch Eshref und Daniela zurück.

Ein WC der besonderen Art: Vor der Rückfahrt musste ich nochmals, als ich vom Frühstück zurückkam Aber oh Schreck, die Putzfrau hat mein WC-Papier bereits abgeräumt und mit nach Hause genommen. Im Hotel gab es nämlich kein WC-Papier. Wir mussten es im Geschäft kaufen. Sie hatten eine andere Einrichtung, um das "Fudi" zu putzen: Ein "Spritz-WC"

Ganz nebenbei erlebte ich nach unserem Sitz-Klo, dem südländischen Plumps-Klo, dem französischen Bidet und der Hygiene-Dusche in Thailand die 5. Variante eines WC's, das "Spritz-WC" dazu, wie ich es nannte. Das besondere daran war die kleine Spritzdüse am hinteren Teil der Klo-Schüssel. Ueber einen Hahnen an der Wand konnte man das Wasser anstellen. Ich benutzte es dieses Mal das erste Mal, denn ich hatte ja kein Papier mehr und prompt bezahlte ich mein Lehrgeldl: Ich öffnete zu stark den Hahn und das Wasser spritzte via meinen Hintern durch den ganzen Raum. Ich musste mit einer Brause alles wieder sauber abspritzen. Eshref meinte, das nächste Mal sollte ich weniger Wasser laufen lassen!

Die Rückfahrt ging zügig voran. Wir fanden wenig Verkehr auf den Strassen vor. In Albanien überall Polizei, die den Verkehr kontrollierte, aber nur die Einheimischen zur Rede stellte. Die Kosovaren liess sie laufen. Einmal kam uns mitten auf der 4-spurigen Autobahn ein "Verrückter" zu Fuss entgegen. Er wusste, dass keiner ihn überfahren und jeder abbremsen würde. Aber es war trotzdem ein Schock! Kurz vor Pristina kam ich auf die Idee, für mich ein Liegebett zu kaufen, damit ich über den Mittag im Freien etwas schlafen konnte. Also suchten wir und fanden eines im Jysk-Geschäft. Welch Ueberraschung, es hatte sogar Platz im Kofferraum. Seither konnte ich mein Mittagsschläfchen im Schatten des Hauses geniessen.

Es war Bajram-Zeit. Die Besuche trafen ein und wunderten sich, dass da einer, nämlich der Vater von Daniela, im Garten schlief. Im Kosovo konnte sich niemand ein Liegebett leisten, um ein Mittagsschläfchen zu machen Man schlief hier am Boden oder auf dem Couch im Wohnzimmer.

Rückfahrt von Albanien
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Wassermelone Max
Eine Wasser-Melone weckt die Geister wieder auf
Siesta auf meinem Liegebett
Siesta auf meinem Liegebett

Schlachtung von 52 Hühnern

Neben Gemüse gehört Hühner- und Rindfleisch zu den Hauptnahrungsmitteln der Kosovaren. So züchtet Gani, der Schwiegervater von Daniela, Hühner und auch ein paar Truthähne. Auf einem nahen Feld baut er gemeinsam mit seinen Brüdern Getreide als Futter für die Hühner an. Gestern war Schlachttag. 52 Hühner hat er geschlachtet. Immer 2 auf dem Feld gefangen und flatternd an der Beinen zum Schlachtbock getragen. Weiter habe ich nicht zugeschaut. Ich nehme an, er hat den Kopf mit einer Art Machete abgeschlagen und sie bis zum Ausbluten fliegen gelassen.

Dann haben sie die Haut samt den Federn abgezogen und die Hühner zerteilt, in Platik-Säcke abgefüllt und tiefgekühlt für spätere Tage. Die Kosovaren mögen die Haut nicht, aber die Innereien! Noch Tage später wurden wir von unzähligen Fliegen belästigt.

Arbeiten auf dem Bauernhof
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Hühner vor dem Schlachten Traktor
Gafur, Bruder von Gani Traktor

Beim Anblick der Hühner sind mir verschiedene Fragen aufgetaucht, die ich als Laie dann auch fragte:

Erinnerung an den Kosovo-Krieg: Elternhaus von Medhi in Zhegovc

Viele der Erinnerungen an die abscheulichen Greueltaten der Serben wie Massergräber, zerschossene Häuser etc wurden weggeräumt oder zu Gedenkstätten umfunktioniert. Mit Ethem, dem Bruder von Eshref, habe ich einen Ausflug zum zerstörten Elternhaus der Pajaziti in Zhegovc gemacht. Dort sind die Schwiegermutter Elfete von Daniela, sowie Medi und Paffti aufgewachsen.

Es war diesmal nicht mehr so erschütternd, wie im 2003, als ich das erste mal vor den Massengräbern stand. Nun sah ich ein Grabstein oder Denkmal des gefallenen Soldaten "Pajazit Ahmeti". Mit ihm hatte Eshref noch als Kind gespielt. Weiter oben stand ein grosses Denkmal mit den Namen von 12 Soldaten, aus diesem kleinen Dorf, das nun nicht mehr existiert.

Es war keine Strafe, es war einfach Pech. Auf der Weiterfahrt durch die schlechten Vorkriegswege holte sich Ethem hinten rechts am Auto ein Blattfuss! Also Radwechsel, Notrad und neue Reifen kaufen in Giljan.

Kosovos Hauptstadt Pristina
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Pristina

Rückflug und Ausblick


Max der Weltenbummler

Mein 3. Kosovo-Aufenthalt endete am Dienstag, 21. Juli. In einem halbleeren Airbus 319 der Adria Airways, es waren nur 20-25 Passagiere an Bord, ging es in 1 guten Stunde zurück nach Ljubljana, wo mich Matjaz am Flughafen abholte. Bei ihm zu Hause durfte ich mein Auto während meiner Abwesenheit im Kosovo lassen. Nicht genug damit. Sie luden mich ein zu einem feinen Nachtessen etwas ausserhalb Ljubljanas. Dann gings zügig zurück nach Istrien, wo mich mein Nachbar Max samt Klaudia mit einem kühlen "Leichtbier" erwarteten. "Leichtbier", weil er das feine Getränk in einem federleichten Bierglas servierte. Mit weichen Knien ging ich in mein geliebtes Wohnwagen-Bett.

In 3 Jahren versprach ich, in den Kosovo wiederzukommen, denn mit dem Flugzeug von Ljubljana ist dies wirklich kein Problem mehr. Bis dann wird der grosse Sitzplatz und mein kleiner Platz fürs Liegebett fertig gebaut sein. Falls jedoch der Sohn von Enver früher heiraten sollte, werde ich bereits früher in den Kosovo fliegen, denn kosovarische Hochzeiten sind einfach einmalig. Enver versprach, mich mit einem Polizei-Auto und Blaulicht am Flughafen abzuholen. Wie wird er mich als Repräsentant im Polizei-Fahrtenbuch wohl antragen: "Max, Prinz von und zu Solaris"

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Autobiografie von Max Lehmann
Schafmattweg 13, CH-4102 Binningen
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